16.02.2008

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taz

*  Bochums schärfste Waffe
Von Pascal Beucker 

Die Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen.

Margrit Lichtinghagen gehört nicht zu denjenigen, die auf den Einladungslisten der Reichen und Schönen der Republik stehen. Sie kommt ungefragt und ungebeten. So auch am Donnerstag, als sie mit einem Durchsuchungs- und einem Haftbefehl in der Tasche bei der Villa des Post-Chefs Klaus Zumwinkel im Kölner Nobelviertel Marienburg vorbeischaute. Denn Lichtenhagen arbeitet für die Bochumer Staatsanwaltschaft, Abteilung Wirtschaftsstrafsachen.

Die meist in Schwarz gekleidete Staatsanwältin gilt als eine außergewöhnlich unerschrockene Vertreterin ihres Berufsstandes. Schon so einige Prominente, die ihr Geld am Fiskus vorbei angelegt geglaubt hatten, wurden von ihr eines Besseren belehrt. "Wir behandeln alle gleich, ob Vorstandsvorsitzende oder Hilfsarbeiter", versichert Lichtinghagen. Das verlange schließlich der Amtseid. Für falsche Rücksichtnahmen ist die frühere Steuerfahnderin jedenfalls nicht bekannt. Im Gegenteil, Steuerhinterzieher hält die Mutter zweier Töchter schlicht für "Sozialschädlinge", weil sie sich ihren Pflichten für das Allgemeinwohl entzögen.

Besonders gut kennt sich sie mit jenem Liechtensteiner Stiftungsmodell aus, das nun auch Zumwinkel zum Verhängnis werden könnte: In den vergangenen Jahren hat ihre Staatsanwaltschaft rund 200 Millionen Euro Schwarzgeld von Bundesbürgern in dem Steuerparadies aufgespürt. Dank einer ihr im Jahr 2000 anonym zugespielten CD gelang es ihr, den illustren Kundenkreis des zwielichtigen Lichtensteiner Stiftungstreuhänders Herbert Batliner auffliegen zu lassen. Mittlerweile sind 119 Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen. In der Folge konnten Lichtinghagen und ihre Kollegen knapp 80 Milionen Euro an Steuernachzahlungen für den Fiskus eintreiben.

Die Bochumer Ermittler gelten in der eigenen Zunft als "harte Hunde aus dem Revier". So sind Lichtinghagen und ihre Truppe dafür berühmt-berüchtigt, sehr schnell mit einem Haftbefehl als "Zungenlöser" bei der Hand zu sein. Und wer nicht kooperativ ist, landet schnell im Gefängnis. Sie hätten "die Mentalität von Großwildjägern", bescheinigte ihnen der Verteidiger eines in ihre Fänge geratenen Baulöwen.

Doch manchmal kommt auch Lichtinghagen ins Grübeln. Ein Beispiel dafür ist der Fall des früheren Bonner Oberstadtdirektors Dieter Diekmann. 1999 war der Christdemokrat wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und Steuerhinterziehung verhaftet worden. In der Untersuchungshaft erhängte er sich. Als die Nachricht sie erreichte, hatte die taffe Juristin Tränen in den Augen: "Ich habe mich nächtelang gefragt, ist das meine Schuld, dass dieser Mann tot ist?" Seitdem achtet sie noch aufmerksamer auf eventuelle Anzeichen von Verzweiflung bei Beschuldigten.


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