12.03.2008

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taz

* WDRAZ geht auf Sendung
Von Pascal Beucker und Steffen Grimberg 

Bald sollen bis zu neun WDR-Beiträge täglich auch im WAZ-Portal "Der Westen" laufen. Bei der Vorstellung der Kooperation grinst aber vor allem einer - NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers.

Jürgen Rüttgers strahlte übers ganze Gesicht. Gemeinsam mit der WDR-Intendantin Monika Piel und dem WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach hatte der NRW-Ministerpräsident in die Düsseldorfer Staatskanzlei geladen, um ein ganz besonderes Ereignis zu präsentieren: die Online-Kooperation des größten ARD-Senders mit Deutschlands drittgrößtem Zeitungskonzern. "Eine solche Kooperation stiftet einen neuen, zusätzlichen Nutzen für die Menschen", schwärmte Rüttgers. Den Auftritt als eine Art Heiratsvermittler begründete Rüttgers mit dem Interesse der Landesregierung daran, "dass Qualitätsjournalismus auch künftig in Nordrhein-Westfalen möglich ist". Piel und Hombach dankten höflich.

Doch es war kein leichter Weg des Zusammenfindens: "Mann kann nicht verschweigen, dass die Gespräche durchaus schwierig waren", sagte Piel - auch wegen der engen rechtlichen Rahmenbedingungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nun betrete der WDR Neuland. Auch WAZ-Mann Hombach konstatierte: "Unterschiedliche Unternehmenskulturen und medienrechtliche Grundlagen machen eine solche Kooperation nicht leicht."

Jetzt ist sie da, bislang allerdings nur als "Letter of Intent", und auch der Start wird noch einige Wochen auf sich warten lassen: "Infrastrukturprobleme" wollen noch gelöst sein, so Piel. Das Kooperationsmodell sieht vor, dass der WDR täglich neun Beiträge aus seinen Regionalmagazinen für das WAZ-Portal DerWesten.de zur Auswahl anbietet. Eine Stunde nach Ausstrahlung in der "Aktuellen Stunde" oder der "Lokalzeit" im WDR kann der entsprechende Beitrages dann sowohl in der "WDR Mediathek" als bei Wazzens online abgerufen werden.

Gezahlt wird vom Zeitungshaus pro Beitrag - und zwar "marktübliche Preise", wie Piel betonte. Und die lägen aufgrund der hohen Qualität des WDR deutlich über denen kommerzieller Anbieter.

Um die Abwicklung kümmert sich die Sendertochter WDR mediagroup. Die Beiträge laufen auf DerWesten.de werbefrei in einem eigenen Fenster und sind mit WDR-Logo gekennzeichnet. Das Projekt ist zunächst auf eine einjährige Probezeit beschränkt. Und natürlich bleibt der WDR auch für Kooperationen mit anderen Verlagen offen.

Rüttgers sprach von einem "Pilotprojekt", das "in keinem Fall ein Exklusivangebot sein" könne. Aber wohl ein Trendsetter: Sowohl bei ARD und ZDF als auch anderen Zeitungsverlagen gilt die WAZ-WDR-Kooperation als Testlauf, dem sich viele anschließen werden. Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, wies Hombach darauf hin, dass die jetzt erzielte Einigung zwischen WAZ und WDR auf der "Basis des bestehenden Rechts" erfolgt sei und "ein Stück Öffnung des Marktes" darstelle. Süffisant fügte der einstige Berater Gerhard Schröders hinzu: "Der nächste Schritt könnte sein, über das Recht nachzudenken."

"Etwas vorschnell" sei dagegen die Drohung von RTL, mit einer offiziellen Beschwerde gegen die Kooperation vorzugehen: "Ich glaube nicht, dass das ein sinnvoller Beitrag zur Debatte ist", so Hombach. Außerdem hätte er gar nichts dagegen, auch mit dem Privatsender ins Geschäft zu kommen: "Wenn die was aus dem Kölner Karneval machen, das interessant ist, kaufen wir das auch."

Bei aller in Düsseldorf zur Schau gestellten Einigkeit: Kritisch wird die neue Allianz auch in der Medienpolitik beäugt: "Hier muss die Frage nach der Vermachtung gestellt werden", sagt Martin Stadelmaier (SPD), Leiter der in medienpolitischen Angelegenheiten wichtigen Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz. Er befürchtet, dass durch solche Kooperationen "Monopolstrukturen Vorschub geleistet wird", da in weiten Teilen Deutschlands schon heute regionale oder lokale Zeitungsmonopole existierten. Hier sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk lieber "neue Angebote schaffen, um die publizistische Konkurrenz zu beleben", so Stadelmaier - und nicht auch noch mit den Verlagsunternehmen zusammengehen.

Ähnlich hatte bislang auch immer der WDR argumentiert, um die Einführung seiner Lokalfenster an Rhein und Ruhr nebst zugehörigen lokalen Online-Angeboten zu begründen. Kritik an zu viel lokalem Engagement des öffentlich-rechtlichen Senders kam damals - erraten - vor allem von den Regionalzeitungen.


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