Michael Vesper ist um
Schadensbegrenzung bemüht. Ausgerechnet ein Grüner rechtfertigt die
Internetzensur in China? Alles nur ein "Missverständnis", beteuert
der Chef der Mission des deutschen Teams. Er sei nur falsch
verstanden worden. Es ist ein glattes Parkett, auf dem sich der
Sportfunktionär bewegt. Sein übermäßiger Pragmatismus, der ihn schon
als Grünen-Politiker auszeichnete, hat ihn diesmal kräftig ins
Straucheln gebracht.
Einst schulte Vesper seine
diplomatischen Künste im Umgang mit den NRW-Ministerpräsidenten Rau,
Clement und Steinbrück. Zehn Jahre fungierte er als ihr Vize - in
geradezu perfekter Arbeitsteilung mit Ministerkollegin Bärbel Höhn.
Während die linke Grüne das Profil ihrer Partei auch gegenüber der
SPD schärfte, sorgte der "Oberrealo" als Vermittler hinter den
Kulissen emsig dafür, dass die fragile Koalition mit den Betonsozis
an Rhein und Ruhr hielt. Was ihm bisweilen den Vorwurf einbrachte,
er sei ein Opportunist, dem es vor allem um die Karriere gehe.
Der 56-Jährige stammt aus einem
katholisch-konservativen Elternhaus. Sein Vater Herbert saß bis zum
Tod 1988 über zwei Jahrzehnte lang für die CDU im Düsseldorfer
Stadtrat; Bruder Stefan - ebenfalls CDU-Mitglied - ist
Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Auch
Michael Vesper machte seine ersten politischen Erfahrungen in dem
Papstverein: Anfang der 70er als Vizevorsitzender der "Katholischen
Studierenden Jugend" und als Bundesleiter des KSJ-Hochschulrings.
Vesper gehört zu den Grünen der
ersten Stunde. Schon bei der Gründung des NRW-Landesverbandes 1979
war der gebürtige Kölner dabei. Die Entwicklungspolitik führte den
Soziologen in die Alternativbewegung. Seine Promotion an der Uni
Bielefeld legte er 1982 zum Thema "Überleben in Namibia. ,Homelands'
und kapitalistisches Weltsystem" ab. Als die Grünen 1983 erstmals in
den Bundestag einzogen, wurde er ihr Fraktionsgeschäftsführer - und
sein Haar kürzer. 1990 wechselte Vesper in den Düsseldorfer Landtag.
Nach dem Verlust der absoluten SPD-Mehrheit wurde er 1995 Minister
für Bauen und Wohnen, später bekam er noch die Bereiche Kultur und
Sport dazu.
Nach der Abwahl von Rot-Grün 2005
blieb für ihn nur noch der Posten eines Landtagsvizepräsidenten
übrig. Zu wenig für den umtriebigen wie ehrgeizigen Vesper: Der
Gelegenheitstennisspieler suchte eine neue Herausforderung - und
fand sie, für viele überraschend, beim Deutschen Olympischen
Sportbund (DOSB). Im September 2006 wurde er der erste
Generaldirektor der nicht gerade alternativen und fortschrittlichen
Fusion aus NOK und DSB.