20.09.2008

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taz

* Steinhagel auf "Moby Dick"
Von Pascal Beucker

Hunderte protestieren gegen den "Anti-Islamierungskongress" in Köln, während eine Busfahrt der Rechtspopulisten polizeilich verboten wird. Weitere Demos am Wochenende sind geplant.

Überall Einsatzwagen, die quer durch Köln rasen. Polizeikolonnen sperren Schiffsanlegestellen ab. Gruppen von Gegendemonstranten ziehen durch die Domstadt. Bereits einen Tag vor dem geplanten "Höhepunkt" ihres "Anti-Islamisierungskongresses" sorgt die "Bürgerbewegung pro Köln" für Alarmstimmung in der rheinischen Metropole.

Schon den Auftakt ihres zweitägigen Kongresses dürfte sich die rechtsextreme Vereinigung anders vorgestellt haben. Ihre Pressekonferenz, zu der die bräunliche Truppe am Freitag kurzfristig zunächst vor das Bezirksrathaus im Stadtteil Rodenkirchen und dann auf ein Schiff der Bonner Personen-Schifffahrtsgesellschaft eingeladen hatte, konnte nicht wie geplant stattfinden. Die meisten Journalisten und auch zahlreiche "Pro Köln"-Anhänger schafften es nicht, das Boot zu erreichen - weil autonome Antifaschisten das Schiff mit einem Stein- und Flaschenhagel eingedeckt hatten, legte der Kapitän fluchtartig ab. Mehrere Stunden schipperte die "Moby Dick" ziellos über den Rhein.

Der Geschäftsführer der Schifffahrtsgesellschaft zeigte sich geschockt: "Es war nicht bekannt, dass eine Pressekonferenz oder sonstige Veranstaltung von ,Pro Köln' abgehalten werden sollte." Die Buchung sei unter dem Vorwand geschehen, es handele sich um ein "Rechtsanwaltstreffen in netter Gesellschaft".

Die Polizei war nicht über den Ort der Pressekonferenz informiert worden. ",Pro Köln' spielt mit uns Katz und Maus und agiert mit Unwahrheiten", sagte Einsatzleiter Michael Temme. Die Beamten nahmen nach eigenen Angaben mindestens sechs Gegendemonstranten und einen Rechten vorläufig fest.

Die von "Pro Köln" angekündigte Stadtrundfahrt zu "Brennpunkten des multikulturellen Köln" fand nicht statt. An vermuteten Halteplätzen im Stadtteil Kalk und vor dem Gemeindezentrum der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) in Ehrenfeld, wo die neue repräsentative Moschee gebaut werden soll, demonstrierten ab dem Vormittag bereits mehrere hundert Menschen friedlich gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Auch NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU) und Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen (SPD) kamen zu der Menschenkette an der Ditib-Moschee. In Nippes nahmen rund 200 Menschen an einer Bürgerversammlung vor dem Bezirksrathaus teil. Hier hatte ursprünglich die "Pro Köln"-Pressekonferenz stattfinden sollen.

Am Samstag will "Pro Köln" gemeinsam mit rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Politikern aus anderen europäischen Ländern eine öffentliche Kundgebung in der Kölner Innenstadt durchführen. Nach ihren Angaben sollen bis zu 1.500 Gleichgesinnte daran teilnehmen. Zahlreiche Gegenveranstaltungen sind geplant, bei denen 40.000 Teilnehmer erwartet werden.


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