Die Ökopartei will Routiniers in den
Bundestag schicken: Auf dem Landesparteitag wählen die Delegierten
Bärbel Höhn und Volker Beck auf die ersten Listenplätze.
Parteikritiker und Attac-Mitglied Robert Zion hat keine Chance.
Robert Zions Aufstieg schien
unaufhaltbar. Vor einem Jahr auf dem Sonderparteitag zu Afghanistan
landete das 42-jährige linkslibertäre Attac-Mitglied einen
friedenspolitischen Coup - und lehrte die grüne Nomenklatura das
Fürchten. Am Wochenende wollte sich Ex-Medienstar Zion auf die
Landesliste der nordrhein-westfälischen Grünen für die
Bundestagswahl 2009 wählen lassen - doch es ist anders gekommen.
Dabei hatte Zion jene vier grünen
Grundsäulen aus den sagenumwobenen Anfangsjahren der Partei
beschworen: "Ökologisch und sozial sind unsere Grundüberzeugungen,
basisdemokratisch unsere Mittel und die Gewaltfreiheit in den
menschlichen, sozialen, ökonomischen, kulturellen und
internationalen Beziehungen ist nach wie vor unser Ziel." Solch
Schmeicheleien hörten die rund 270 im Krefelder Seidenweberhaus
versammelten Delegierten gern, der Applaus war groß. Ihre Stimme
gaben sie anderen. Dreimal versuchte Zion den Sprung auf einen
aussichtsreichen Listenplatz, dreimal scheiterte er.
"Zeit für Veränderung" lautete das
Motto des Parteitags, doch personell setzten die Grünen an Rhein und
Ruhr lieber auf Kontinuität. Der große Star des größten
Landesverbandes der Ökopartei bleibt Bärbel Höhn. Wie schon bei der
vorherigen wird die 56-jährige Oberhausenerin die NRW-Liste bei der
nächsten Bundestagswahl anführen. "Klima, Arbeit und soziale
Gerechtigkeit" müsse der Wahlslogan lauten, gab die frühere
Landesumweltministerin und heutige Vize-Bundestagsfraktionschefin in
ihrer Rede als Losung aus.
Die Nordrhein-Westfalen stellen das
größte Kontingent der grünen Fraktion in Berlin. Für die nächste
Periode hoffen sie, ihre Mandate von derzeit 10 auf 14 ausbauen zu
können. Traditionell hat der linke Parteiflügel ein leichtes
Übergewicht gegenüber Realos und Zentristen. In Personalfragen
herrscht jedoch seit langer Zeit ein Burgfrieden. So wurde denn auch
als zweite Frau die Reala Britta Haßelmann mit einer mehr als
90-prozentigen Zustimmung auf Platz 3 gewählt.
Ebenfalls ohne Gegenkandidatin
schaffte es die Linke Katja Dörner auf Position 5. Die 32-jährige
Newcomerin aus Bonn will im Bundestag den Platz von Irmingard
Schewe-Gerigk einnehmen. Außer der frauenpolitischen Sprecherin
verzichtete von den Mandatsträgern nur der Friedenspolitiker Winni
Nachtwei auf eine Wiederkandidatur. Nach 15 Jahren im Parlament
wurden beide mit Standing Ovations verabschiedet.
Knapp an einem unfreiwilligen
Abschied vorbeigeschrammt ist Kerstin Müller. Die bei der
Parteibasis umstrittene frühere Staatsministerin im Auswärtigen Amt
appellierte geradezu flehentlich an die Delegierten, es sei
schließlich auch Erfahrung im Parlament weiter notwendig. 2002 hatte
sie die Landesliste noch angeführt, diesmal traute sich die
44-jährige Kölnerin überhaupt erst auf Platz 7 ins Rennen - und
verlor gegen die Entwicklungspolitikerin Ute Koczy. Müllers
Stoßseufzer, als sie zwei Plätze später dann doch noch im zweiten
Wahlgang das Erbarmen der Delegierten fand, war bis auf die Empore
zu hören.
Von den Männerplätzen war kein
einziger ohne Kampfabstimmung zu haben. Überraschungen blieben
allerdings aus. So setzte sich hinter Höhn Volker Beck durch. Der
parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion gewann
deutlich gegen den Noch-Europaparlamentarier Frithjof Schmidt. Über
die Kandidatur des Mitherausgebers des Freitag war hinter den
Kulissen heftig diskutiert worden. Kritiker warfen dem früheren
Landeschef vor, ein Jobhopper zu sein. Auf Platz 4 schaffte es
Schmidt auf die Liste. Auf Platz 6 landete der Dortmunder
Sozialpolitiker Markus Kurth.