10.01.2009

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NRZ

 Kein Abbild der Realität
Von Pascal Beucker 

KÖLN. „Der Baader-Meinhof-Komplex" muss nicht umgeschnitten werden. Das Landgericht Köln wies gestern den Antrag von Ignes Ponto auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Kino-Hit zurück. Die Witwe des früheren Dresdner-Bank-Chefs Jürgen Ponto hatte sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt gefühlt, weil die Darstellung der Ermordung ihres Mannes durch die RAF nicht dem tatsächlichen Geschehen entspricht. Das Gericht sieht jedoch die Szene durch das Grundrecht auf Kunstfreiheit gedeckt.

Ignes Ponto war vor Gericht gezogen, weil sie es nicht hinnehmen wollte, nach über dreißig Jahren mit einer fehlerhaften Darstellung der Ermordung ihres Mannes konfrontiert zu werden – zumal „Der Baader-Meinhof-Komplex" den Anspruch größtmöglicher historischer Authentizität erhebe. Aus Protest gegen den öffentlich geförderten Film hatte sie 2008 ihr Bundesverdienstkreuz zurückgegeben.

"Besonders herausragendes Ereignis der Zeitgeschichte"

Doch die 28. Zivilkammer folgte dem Ansinnen der Klägerin nicht. Die damaligen Ereignisse einschließlich der Ermordung Pontos am 30. Juli 1977 stellten, so die Richter, „ein besonderes herausragendes Ereignis der Zeitgeschichte" dar. Bei dessen filmischer Darstellung sei die fragliche Szene derart „in den Gesamtorganismus des Filmes eingebettet", dass das Persönliche und Private der Klägerin und ihres Ehemannes hinter der Filmfigur zurücktrete. Letztlich sei „für den Zuschauer deutlich erkennbar, dass der Film keine Abbildung der Realität anstrebt".


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