11.09.2009

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NRZ

  Kantinenchef mit Knopfleiste
Von Pascal Beucker 

Vom Mittagessen bis zur Urlaubsausrüstung: Eine Messe in Köln zeigt, was man heute alles aus dem Automaten ziehen kann.

Köln. Ob Bücher, DVDs, Grabkerzen, Jeans oder auch diverse Campingbedarfsartikel inklusive Feuerlöscher: Es gibt kaum mehr einen Gegenstand, der sich heutzutage nicht aus einem Verkaufsautomaten ziehen lässt. Die Zeiten, an denen sich das Angebot auf Kaffee, Kaugummis, Kondome und Zigaretten beschränkte, sind längst vorbei. Einen Überblick über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten bietet derzeit in Köln die EU'Vend 2009, die internationale Fachmesse der Verkaufsautomatenwirtschaft.

Noch bis zum heutigen Samstag zeigen 205 Aussteller auf der vor einigen Jahren aus der Nahrungsmittelmesse Anuga ausgegliederten EU'Vend ihr Angebot. Die Palette reicht von sprechenden Getränkeautomaten bis hin zu speziellen Geräten zur Ausgabe von Tierfutter, rezeptfreien Arzneimitteln oder Elektrowerkzeugen.

Ein Automat für 77 Einwohner

Für Landwirte gibt es spezielle „Agrar-Automaten“, mit denen sie ohne Hofladen und rund um die Uhr Kartoffeln, Milch, Wurst, Spargel oder Eier an Endverbraucher verkaufen können. Als Neuheit auf der Kölner Messe zu sehen gibt es einen von der Stromversorgung unabhängigen Getränke-Automaten, der mit umweltschonenden Wasserstoff-Brennstoffzellen betrieben wird. Darüber hinaus preisen Anbieter von Zahlungssystemen und Hersteller der „Füllprodukte“, also etwa Lebensmittelproduzenten, ihre neuesten Produkte an.

Laut einer aktuellen Marktstudie sind rund 538.000 Getränke- und Verpflegungsautomaten in Deutschland in Betrieb. In Europa stehen nur noch in Italien und Frankreich mehr. Mit einem solchen Gerät für 153 Einwohner liegt die Bundesrepublik in der Automatendichte indes nur im europäischen Mittelfeld auf dem zwölften Platz.

Auf Platz eins liegen die Niederlande, wo ein Automat auf 77 Einwohner kommt. Die Spitzenposition nehmen die Deutschen jedoch beim Umsatz ein. So stieg der Gesamtumsatz 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozent auf rund 2,72 Milliarden Euro – Zigarettenautomaten, Wasserspender und Non-Food-Automaten etwa für Kondome, Fahrkarten oder Zeitungen nicht mitgezählt. Damit lag der Pro-Kopf-Verbrauch im Schnitt bei 33,05 Euro. Den Löwenanteil machten Heißgetränke aus, gefolgt von kalten Getränken. Auf Snacks und andere Verpflegung entfielen knapp über 20 Prozent des Umsatzes.

Kasseler mit Sauerkraut auf Knopfdruck

So positiv die Zahlen klingen: Zum Jubeln steht der Branche nicht der Sinn. Auch ihr bereitet die Wirtschaftskrise zunehmend Probleme. „Nach wie vor stehen die weitaus meisten Automaten in Produktionsbetrieben, wo sie der Mitarbeiterversorgung dienen“, erläuterte Michael Maurer, der Vorstandssprecher des Bundesverbandes der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft (BDV).

Die Folge: Ein Umsatzrückgang für das laufende Jahr je nach Region zwischen drei und 12 Prozent. Besonders hart trifft es jene Unternehmen, die ihre Geräte in der Automobilindustrie betreiben. Denn die in vielen Werken angeordnete Kurzarbeit und Zwangsurlaube bescherten den Automatenaufstellern Einbußen von zum Teil sogar über 20 Prozent.

Denn der Krise kann er auch eine erfreuliche Seite abgewinnen: „In vielen Unternehmen werden Betriebsrestaurants geschlossen oder die Öffnungszeiten verkürzt.“

Dadurch erhielten Automatenbetreiber die Chance, „an Aufstellplätze zu gelangen, die vorher nicht erreichbar waren“, so der BDV-Chef. Bereits heute ersetzten Automaten mit Fertigmenüs in vielen kleineren Firmen nicht mehr wirtschaftlich zu betreibende Kantinen. Was das für die Beschäftigten bedeutet, auch davon vermittelt die EU'Vend einen Eindruck: Das Spektrum der präsentierten Automatenspeisen – die zumeist per eingebauter Mikrowelle erhitzt werden - reicht vom Sauerbraten mit Semmelknödel und dem Kasseler mit Sauerkraut bis zur Penne Tomaten-Zucchini und dem Huhn Szechuan.


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