Köln. Der Ort hätte kaum passender gewählt sein
können. Ein Brauhaus in der Nähe des Kölner Doms hat sich
der Berliner Verlag zur Präsentation des Lexikons „Populäre
Rheinland-Irrtümer" ausgesucht. „Ich bin der Horst", begrüßt
Horst Lichter jovial sein Publikum. Der Fernsehkoch hat an
diesem Morgen die etwas undankbare Aufgabe übernommen, das
neue Buch des Autors Falko Rademacher vorzustellen.
Schließlich ist der Mann mit dem markanten Schnauzbart eine
„Inkarnation des Rheinlands", wie Verleger Ulrich Hopp
betont. So hat Lichter denn auch erst mal kräftig schlucken
müssen: „Es gab kaum eine Seite, auf der ich mich nicht am
Anfang angegriffen gefühlt habe."
Kein Wunder, denn in seinem Buch lässt Rademacher am
Rheinland und den Rheinländern kein gutes Haar – und
entlarvt zahlreiche liebgewonnene Mythen. Angefangen von der
weitverbreiteten Ansicht, Leverkusen sei eine Stadt, bis zu
der Behauptung, Duisburg habe den größten Binnenhafen der
Welt: „Fast alles, was man glaubt, über die rheinische
Geschichte zu wissen, ist falsch", resümiert der frühere
Gag-Schreiber für die „Harald Schmidt Show". So sei Aspirin
gar nicht im Rheinland erfunden worden, sondern in
Wuppertal-Elberfeld. Auch Klosterfrau Melissengeist stamme
mitnichten aus Köln, sondern aus Coesfeld. Dafür allerdings
sei Verpoorten keineswegs ein holländischer Eierlikör,
sondern komme ursprünglich aus Heinsberg.
Doch damit nicht genug: Weder sei es haltbar, dass Kölsch
anders als Altbier schmecke, noch dass Köln eine „Altstadt"
habe. Denn das, was die Kölner als „Altstadt" bezeichneten,
„mag ja irgendwie mittelalterlich rüberkommen, aber das tut
Eva Herman auch, und die Frau ist erst in ihren Fünfzigern".
Im Übrigen stimme es auch nicht, dass Köln am Mittelrhein
liege. „Köln ist Niederrhein, ist es immer gewesen und wird
es immer bleiben." Eine grausige Vorstellung für Kölner. Nur
eine Frage lässt Rademacher offen: Den ewigen Streit, welche
Stadt denn nun die hässlichste Deutschlands ist, Duisburg
oder Köln, könne auch er „nicht endgültig entscheiden".
Rademachers Lexikon verbinde Fakten mit Satire, sagt
Verleger Hopp. Doch das stimmt nicht so ganz. Denn leider
verwechselt der Autor mitunter Satire mit plattem
Stammtischhumor. Statt aufzuklären, bemüht er Klischees.
Zudem wirkt der eine oder andere von ihm aufgezählte
„populäre Irrtum" doch arg konstruiert. Trotzdem ist
Rademachers Buch insgesamt durchaus unterhaltsam. Für den
Leib-und-Seele-Rheinländer Horst Lichter brachte die Lektüre
einen nachhaltigen Erkenntnisgewinn: „Dass wir so schlimm
sind, hätte ich nicht gedacht." NRZ
Falko Rademacher: „Populäre Rheinland-Irrtümer", 208 S.,
19,90 Euro, be.bra verlag 2009.