Deutsche Politiker haben sich in der
Debatte um den Holocaustleugner Richard Williamson zurückgehalten.
Doch jetzt gibt es deutliche Worte - aus dem Kanzleramt: Angela
Merkel fordert von Papst Joseph Ratzinger eine "eindeutige
Klarstellung".
Im Streit um die Wiederaufnahme des
britischen Holocaust-Leugners Richard Williamson in die katholische
Kirche hat jetzt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eindeutige
Worte von Joseph Ratzinger gefordert. Wenn durch eine Entscheidung
des Vatikans der Eindruck entstehe, dass der Holocaust geleugnet
werden könne, dürfe "das nicht ohne Folgen im Raum stehen bleiben".
Daher müsse es nun darum gehen, "dass
von Seiten des Papstes und des Vatikans sehr eindeutig klargestellt
wird, dass es hier keine Leugnung geben kann und dass es hier einen
positiven Umgang natürlich mit dem Judentum insgesamt geben muss",
sagte die Kanzlerin am Dienstag in Berlin. Diese Klarstellung sei
aus ihrer Sicht "noch nicht ausreichend erfolgt". Es sei
normalerweise nicht ihre Aufgabe, innerkirchliche Entscheidungen zu
bewerten. Bei Grundsatzfragen sei das jedoch etwas anderes.
Auch der Zentralrat der Juden in
Deutschland forderte erneut eine "deutliche Klarstellung" des
Papstes. Seine bisherigen Erklärungen reichten nicht aus, sagte
Generalsekretär Stefan Kramer im Deutschlandfunk. Es wäre sinnvoll,
wenn Ratzinger auf die jüdische Gemeinde zuginge und ein Gespräch
initiiere. Trotz der schwierigen Situation halte er aber einen
Abbruch der Kontakte "mit unseren Freunden in der katholischen
Kirche" nicht für richtig. "Damit bestrafen wir dann die Falschen."
Hintergrund der Auseinandersetzung
ist die heftig umstrittene Entscheidung Ratzingers, die
Exkommunikation von vier Bischöfen der ultrakonservativen
Priesterbruderschaft St. Pius X. aufzuheben. Unter ihnen ist auch
Richard Williamson, gegen den die Regensburger
Staatsanwaltschaft ermittelt.
Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann
nannte die Rehabilitierung von Williamson im Südwestfunk eine
"Katastrophe" für alle Überlebenden des Holocaust. Er forderte eine
klare Entschuldigung "von hoher Stelle". Ratzinger müsse
klarstellen, dass die Leugnung der Schoah kein beliebiges
Kavaliersdelikt sei. Es sei "fatal", dass das, "was als Geste der
Versöhnung gedacht war", zeitlich mit der inakzeptablen
Holocaust-Leugnung durch Williamson zusammengefallen ist,
kritisierte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige. Diese bedeute
"eine erhebliche Störung des sensiblen jüdisch-christlichen
Dialogs".
Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen
Jaschke schlug in der Bild-Zeitung eine Aussetzung der
umstrittenen Rehabilitierung der Pius-X.-Traditionalisten vor. Die
Entscheidung des Vatikans, Williamson wieder in die Kirche
aufzunehmen, sei ein Fehler im Namen des Papstes gewesen.
Unterdessen hat der Kölner Erzbischof
Joachim Meisner Ratzinger in Schutz genommen. Aufgabe des Papstes
sei es, für die Einheit der Kirche zu sorgen. "Das hat der Papst
jetzt getan, nicht mehr und nicht weniger", sagte Meisner der
Kirchenzeitung. "Das Aufsehen um das Williamson-Interview hat
leider das eigentliche Anliegen des Papstes, der Einheit der Kirche
zu dienen, überlagert", kritisierte der Kardinal. "Nicht der Vatikan
ist für die entstandene Spaltung verantwortlich, und schon gar nicht
ist er verantwortlich für die schamlose Leugnung des Holocaust durch
Bischof Williamson", so Meisner weiter. Die Aufhebung der
Exkommunikation sei ein "rein kirchenrechtlicher Akt ohne jede
politische Absicht".