Im niederrheinischen Pesch ist die
christliche Welt wieder in Ordnung. Nach massiver Intervention des
nordrhein-westfälischen Schulministeriums darf vom heutigen Montag
an in der Gemeinschaftgrundschule Andreas wieder zu
Unterrichtsbeginn gebetet werden. Ein Elternpaar, das sich dagegen
gewehrt hatte, schickt sein Kind nun auf eine andere Schule.
Seit 2008 tobte der Streit über das
Schulgebet in der 2.380-Einwohner-Gemeinde, die zur Stadt
Korschenbroich gehört. Ausgelöst hatte ihn ein aus Sachsen
stammendes Elternpaar. Die Konfessionslosen hatten nicht hinnehmen
wollen, dass ihre Tochter jeden Morgen einen Nichtgläubigen
reichlich unsinnig erscheinenden Vierzeiler des evangelischen
Theologen Dietrich Bonhoeffer herunterbeten musste: "Von guten
Mächten wunderbar geborgen, / erwarten wir getrost, was kommen mag.
/ Gott ist bei uns am Abend und am Morgen, / und ganz gewiss an
jedem neuen Tag."
Nach erfolglosen Gesprächen mit der
Klassenlehrerin und dem Schulleiter beschwerten sich die Eltern bei
der zuständigen Schulaufsicht, weil sie das Grundrecht auf negative
Bekenntnisfreiheit verletzt sahen. Die Folge: Das Gebet wurde
zunächst durch eine Schweigeminute ersetzt. Doch damit wollten sich
wiederum gottesfürchtige Eltern nicht abfinden. Auch der örtliche
CDU-Landtagsabgeordnete schaltete sich ein. Beim dem Bonhoeffer-Text
handele es sich "um einen hochgradig wünschenswerten Beitrag zur
allgemeinen Wertevermittlung im Rahmen christlich-abendländischer
Tradition", schrieb Lutz Lienenkämper an Landesschulministerin
Barbara Sommer (CDU).
Sommer sah dies zwar genauso wie ihr
Parteifreund. Aber die gläubige evangelische Christin hatte ein
Problem: Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat in einem Urteil
festgestellt, ein Schulgebet außerhalb des Religionsunterrichts sei
zwar grundsätzlich zulässig - aber nur, wenn Schüler, die die
Teilnahme ablehnen, in "zumutbarer Weise" ausweichen können. Die
Lösung nach mehreren Wochen Diskussion: Ein Kind, das nicht mitbeten
wolle, könne sich ja in der Zeit mit anderen Dingen beschäftigen.
"Wir sind der Überzeugung, dass das den Vorgaben des
Verfassungsgerichts entspricht", sagte Ministeriumssprecher Thomas
Breuer der taz.
Die betroffene Mutter hält das für
einen Skandal. "Das bedeutet, dass meine Tochter jeden Tag von Neuem
aus der Klassengemeinschaft ausgegrenzt wird", sagt die junge Frau,
die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. "Ich bin schockiert
über die Feindseligkeit, die uns entgegengeschlagen ist", sagte sie
der taz. Deswegen werde das Kind ab sofort eine andere Grundschule
besuchen - in der nicht gebetet wird.
Schulministerin Sommer zeigte sich
indes zufrieden. "Ich freue mich sehr darüber, dass es uns gelungen
ist, eine Klärung herbeizuführen", sagte sie. Schließlich sei die
Ehrfurcht vor Gott "eines der wichtigsten Erziehungsziele des
Schulgesetzes und der Landesverfassung".