Fritz Schramma ist derzeit nicht um
seinen Job zu beneiden. "Eine Hetzjagd beginnt", beklagte sich Kölns
Oberbürgermeister auf der Ratssitzung gestern bitterlich. Alles
Gute, was seit dem Einsturz des historischen Stadtarchivs Anfang
März von der Verwaltung geleistet worden sei, würde ignoriert,
stattdessen gebe es "unsägliche Angriffe". Ein "beispielloser,
unfairer und schäbiger Wahlkampf" tobe.
Der aktuellste Grund für seine
Empörung: Jetzt wird dem Christdemokraten auch noch vorgeworfen,
Sitzungen des Krisenstabes illegal per Tonband aufgezeichnet zu
haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. SPD, Grüne und Linkspartei
sprechen bereits in Anlehnung an Nixons historisches Fiasko von
einem "Schramma-Gate".
Bei näherem Hinsehen handelt es sich
indes doch eher um eine jener Tollpatschigkeiten, die für Schramma
nur allzu typisch sind. Das Aufnahmegerät stand offen auf dem Tisch,
mehrfach wurden die Bänder gewechselt. Eine Geheimaktion sieht
anders aus. Schrammas Fehler: Er hatte die Anwesenden nicht vorher
um ihre Einwilligung gefragt. Dumm gelaufen.
Verwundert reiben sich die Kölner die
Augen über das dilettantische Krisenmanagement des 61-Jährigen. Wie
auch schon bei allen Skandalen und Affären zuvor, will er von nichts
gewusst haben und für nichts die Verantwortung übernehmen. Er trete
auf wie der Vorsitzende einer Bürgerinitiative, spotten die Grünen.
Einen "Spitzenverantwortlichen, der sich die Welt hemmungslos so
malt, wie sie ihm gefällt", nennt ihn SPD-Fraktionschef Martin
Börschel. Schramma ist, was man im Rheinland einen netten Kerl
nennt. Seine beste Figur macht er stets während der
Karnevalssession.
Seit 1989 gehört Schramma dem
Stadtrat an. Besonders aufgefallen ist der gelernte Lateinlehrer als
einfacher Ratsherr nicht. Dafür blieb ihm allerdings auch kaum Zeit,
nicht nur wegen seinen vielfältigen Verpflichtungen im Kölner
Vereinsleben. Daneben besserte er sich sein kärgliches Lehrergehalt
als Mitarbeiter eines lokalen Anzeigenblättchens auf - und schreibt
in seiner Vita von einer "20-jährigen Erfahrung als freier
Journalist".
An die Stadtspitze rückte Schramma
durch einen tragischen Unglücksfall. Nach nur 169 Tagen im Amt starb
im März 2000 überraschend sein Parteifreund Harry Blum an
Herzinfarkt. Schramma hatte das Glück, als sein Stellvertreter zur
richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Im September 2000 wurde er
zum neuen OB gewählt. Dank einer kuriosen, erst kurz zuvor
eingeführten Regelung in der NRW-Gemeindeordnung musste er sich
seitdem keiner Wahl mehr stellen. Erst im Herbst läuft seine
Amtszeit aus. Schramma will erneut antreten. Um seine Wiederwahl ist
es indes derzeit nicht allzu gut bestellt.
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