"Verdächtigt, verunglimpft, vorverurteilt":
Kölns OB schimpft und kündigt an, im Herbst abzutreten.
Kölns Stadtoberhaupt Fritz Schramma
wirft das Handtuch. Er werde bei der Oberbürgermeisterwahl im Herbst
nicht wieder antreten, gab der 61-jährige Christdemokrat am Sonntag
bekannt. Damit zog er die Konsequenzen aus der immer lauter
gewordenen Kritik an seinem Krisenmanagement nach dem Einsturz des
Historischen Stadtarchivs Anfang März.
Die vergangenen Tage hätten ihm "sehr
deutlich gemacht, dass das Unglück und seine Folgen immer mehr in
den Wahlkampf gezogen" würden, sagte Schramma auf einer überraschend
einberufenen Pressekonferenz im Rathaus. Seine Appelle, bei der
Aufarbeitung dieses Ereignisses sachlich und überparteilich
zusammenzuarbeiten, seien "auf taube Ohren" gestoßen. "Stattdessen
wird weiter spekuliert, verdächtigt, verunglimpft, vorverurteilt."
Er sehe es jedoch "als meinen Auftrag als Oberbürgermeister, Schaden
von dieser Stadt und ihren Bürgern fernzuhalten". Der Entschluss sei
ihm schwer gefallen: "Köln ist mein Traumjob."
Er hoffe sehr, diese Entscheidung
werde dazu beitragen, "dass die politisch Handelnden sich der Größe
unserer Aufgaben nach dem Unglück bewusst werden". Rund zehn Minuten
dauerte sein Auftritt, den er mit getragener Stimme, zitternden
Händen und gemeinsam mit seiner Frau Ulla absolvierte. Auf
selbstkritische Töne verzichtete der CDU-Politiker, der laut einer
Umfrage weit hinter den OB-Kandidaten von SPD und Grünen, Jürgen
Roters, zurückgefallen ist. Journalistenfragen ließ Schramma nicht
zu. Seit knapp neun Jahren steht er der viertgrößten Stadt
Deutschlands vor. Am 20. Oktober endet die Amtszeit.
Nordrhein-Westfalens SPD-Chefin
Hannelore Kraft begrüßte Schrammas Kandidaturverzicht als
"überfälligen Schritt". Schramma habe sich damit "endlich seiner
politischen Verantwortung gestellt". Grünen und Linkspartei reicht
das noch nicht: Sie fordern den sofortigen Abtritt. Er habe "auf
ganzer Linie versagt", sagte Grünen-Landtagsfraktionschefin Sylvia
Löhrmann. "Es kann nicht angehen, dass er als Oberbürgermeister auf
Abruf bis zur Kommunalwahl im Amt bleibt". Kölns
Linksparteifraktionschef Jörg Detjen nannte den Rücktritt
"unumgänglich, weil Schramma nicht einsieht, dass er Fehler gemacht
hat".