Die Rechtsextremen von "Pro Köln"
hatten 2.000 Teilnehmer an ihrem "Anti-Islamisierungskongress"
angekündigt. Da waren nur knapp 200. Und die waren nicht zu hören -
zu laut waren die Gegendemonstranten.
Es gibt kaum einen trostloseren Fleck
in Köln als den Barmer Platz hinter dem Deutzer Bahnhof. Aber dafür
ist er riesengroß. Mehrere zehntausend Menschen dürften auf ihm wohl
Platz finden. Hier also soll er stattfinden, der
"Anti-Islamisierungskongress" der rechtsextremen "Bürgerbewegung Pro
Köln". Mit zweitausend Teilnehmern, so hatte es "Pro Köln"-Chef
Markus Beisicht vollmundig angekündigt. Doch gerade mal 100
Versprengte sind bis Samstagvormittag angereist. Nur wenige Meter
entfernt stehen noch einmal etwa 50 Menschen. Doch die hätten die
Veranstalter hier eigentlich lieber nicht gesehen - und vor allen
Dingen nicht gehört. Denn ihre "Nazis raus"- und "Haut ab"-Rufe
übertönen die deutsche Schlagermusik, die aus den Boxen der kleinen
transportablen Bühne wummert. Über der prangt ein Pappschild mit der
Aufschrift: "Köln nicht Konstantinopel". Wer hätte das gedacht?
Eigentlich hatte "Pro Köln" auf dem
Roncalliplatz vor dem Kölner Dom demonstrieren wollen. Doch am
späten Freitagabend bestätigt das Bundesverfassungsgericht das von
der Polizei ausgesprochene Verbot. Auch ihr Marsch von Deutz durch
die Innenstadt zur geplanten Ditib-Moschee in Ehrenfeld bleibt
untersagt.
Während sich die Ultrarechten noch
sammeln, beginnt um zehn Uhr auf dem Heumarkt die zentrale
Kundgebung des Bündnisses Bündnis "Köln stellt sich quer", zu dem
sich Parteien, Kirchen und Gewerkschaften zusammengeschlossen haben.
An dem Ort, wo im September die Erstauflage des
"Anti-Islamisierungskongresses" an den breiten Protesten der Kölner
Bevölkerung scheiterte, spricht jetzt Oberbürgermeister Fritz
Schramma. Es sei "eine Anmaßung und Dreistigkeit, ausgerechnet hier
in Köln, in der Stadt der Toleranz und der Vielfalt, mit
rassistischen Parolen auflaufen zu wollen", sagt der Christdemokrat.
Es ist eine Art Abschiedsrede, etwas Wehmut liegt über dem Platz.
Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs erklärte Schramma Ende
März seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur bei der Wahl im
August.
Zeitgleich mit Kölns OB spricht auf
der anderen Rheinseite die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel.
Schräg vor dem Deutzer Bahnhof, in Sichtweite der ersten
Polizeiabsperrungen, findet die Protestkundgebung der DGB-Jugend
statt. "Heute stehen wir hier gemeinsam, um deutlich zu machen, dass
,Pro Köln' und jede rechtsextreme Gesinnung weder in Köln noch
irgendwo sonst etwas zu suchen hat", ruft die 28-jährige
sozialdemokratische Nachwuchshoffnung den mehreren hundert
Jugendlichen zu.
Insgesamt rund 5.000 Demonstranten
sind an diesem Samstag in Köln gegen den
"Anti-Islamisierungskongress" auf der Straße. Nur die wenigsten von
ihnen bekommen einen der Teilnehmer an dem schrägen Event zu
Gesicht. Zu großflächig und engmaschig hat die Polizei den Ring um
den rechten Aufmarsch auf dem Barmer Platz gezogen.
Deutz gleicht einer Festung.
Insgesamt sind mehr als 5.600 Beamte aus verschiedenen Bundesländern
an diesem Wochenende im Einsatz. Zwar versuchen immer wieder
kleinere Grüppchen eine Lücke zu finden, doch nicht vielen gelingt
es. Einer, der es geschafft hat, ist Thies Gleiss. Laut mit den
Fingern pfeifend, steht das in Köln wohnende
Linke-Bundesvorstandsmitglied vor dem letzten Gitter, das ihn nur
wenige Meter von den Ultrarechten trennt. Mittlerweile sind die
Demonstrationen vom Heumarkt zu denen vor dem Deutzer Bahnhof
gestoßen. Die Stimmung ist ausgelassen, wie auf einem großen bunten
Straßenfest.
Kurz vor elf Uhr beginnt nun auch die
rechte Kundgebung auf dem Barmer Platz - unter dem ohrenbetäubenden
Lärm der "Pro Köln"-Gegner. Mittlerweile ist die Teilnehmerzahl der
rechten Kundgebung auf etwa 150 angewachsen, etwa 50 weitere "Pro
Köln"-Anhänger sind noch auf dem Weg. Verloren wirken sie auf dem
großen Platz.
Neben Rechtsextremen verschiedener
Schattierung stehen christlich-fundamentalistische Eiferer und die
fanatischen Islamhasser des Internethetzblogs "Politically
Incorrect". Hinzu kommen noch Abordnungen mehr oder weniger großer
europäischer Rechtsaußenparteien, wie des belgischen Vlaams Belang,
der österreichischen FPÖ oder der Národní strana aus Tschechien. Ein
paar Aktivisten aus der Szene der "Freien Kameradschaften" sind
augenscheinlich ebenfalls mit dabei. "Deutsch - Stolz - Treue"
prangt auf der Frontseite des Sweatshirts eines der Neonazis. Es ist
eine bizarre Parallelgesellschaft, die sich hier versammelt hat.
Nach eineinhalb Stunden und
unzähligen wirren Reden ertönt zum Abschluss die deutsche
Nationalhymne. Um 12.30 Uhr ist der Spuk vorbei. Durch ein
Polizeispalier werden die Teilnehmer auf ein S-Bahn-Gleis zur
Abreise geleitet.
"Pro
Köln"?
Die "Bürgerbewegung
pro Köln" ist hervorgegangen aus der
"Deutschen Liga für Volk und Heimat" und steht unter Beobachtung des
NRW-Verfassungsschutzes. Im Kölner Stadtrat ist die rechtsextreme
Vereinigung mit fünf Abgeordneten vertreten. Bei der Kommunalwahl
2004 sorgte sie mit einem Ergebnis von 4,7 Prozent der Stimmen für
einen Überraschungserfolg.
"Pro
Köln" ist um ein bürgerliches
Erscheinungsbild bemüht und bezeichnet sich selbst wahlweise als
"rechtsdemokratisch", "rechtspopulistisch" oder "nonkonform". Dabei
versucht sie die seit Jahren andauernde Diskussion über den Bau
einer repräsentativen Ditib-Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld
für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Unter dem Mäntelchen der
"Islamkritik" schürt sie Ressentiments gegen Migranten. Der
Publizist Ralph Giordano bezeichnet "Pro Köln"
als "zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus".
Bereits der Auftakt des "Anti-Islamisierungskongresses" am Freitag
im Kölner Umland war ein Flop. Mehr als sechzig Anhänger brachten
"Pro Köln" und "Pro NRW" bei ihren
Kundgebungen in Leichlingen, Leverkusen und Dormagen nicht auf die
Beine. Ihnen standen jeweils mehrere hundert Gegendemonstranten
gegenüber. Auch zur Abschlussveranstaltung am Sonntag in Bergheim
kamen nicht mehr.