16.07.2009

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taz

*  Die Frau mit der Postkarte
Von Pascal Beucker 

Hannelore KraftHannelore Kraft ist im Kölner Landgericht erschienen. "Es geht um meine Ehre", sagt die Landesvorsitzende der NRW-SPD beim juristischen Showdown mit der politischen Konkurrenz. Es geht um eine vom CDU-Landesverband produzierte Postkarte. "Kraftilantis Lebenslauf-Lüge" steht darauf. Das will Kraft nicht hinnehmen, sieht ihre Integrität infrage gestellt.

Sie hat auf Unterlassung geklagt. Hintergrund ist eine Retusche im Lebenslauf auf ihrer persönlichen Homepage. Bevor Kraft als Landesministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten ins Clement-Kabinett kam, arbeitete sie als Beraterin und Projektleiterin beim Zentrum für Innovation und Technik NRW. Ihre frühere berufliche Tätigkeit für die Zenit GmbH ist kein Geheimnis. Der Hinweis darauf findet sich sowohl auf der Homepage des Landtags, der SPD-Landtagsfraktion als auch der NRW-SPD. Bis vor Kurzem stand er auch noch auf Krafts eigenem Internetauftritt. Doch dort fehlt er mittlerweile. Aufgefallen war die Streichung dem Journalisten David Schraven.

Anstelle der weggefallenen Angabe würden Krafts Hobbys aufgeführt: "Spiel, Sport und Spaß mit Mann, Sohn und Hund; Essen und Klönen mit Freunden", schrieb er in seinem Weblog "Ruhrbarone". Spitz spekulierte Schraven, der Hinweis könne möglicherweise wegen einer möglichen Verwicklung des Unternehmens in einen 2007 aufgedeckten Förderskandal getilgt worden sein. Die Vorlage griff die Düsseldorfer CDU-Zentrale umgehend auf. Seit Monaten attackiert Landesgeneralsekretär Hendrik Wüst Kraft immer heftiger. Da kam ihm "Kraftilantis Lebenslauf-Lüge" gerade gelegen, und er ließ die jetzt beanstandeten Postkarten drucken.

"Warum haben Sie den Hinweis auf die Zenit GmbH einfach gelöscht?", wird auf deren Rückseite gefragt. "Liegt es vielleicht daran, dass die Zenit GmbH in einen großen Förderskandal verwickelt war und auch Ihre Rolle dabei kritisch hinterfragt wird?" Für Kraft eine empörende Unterstellung, die ihr Anwalt als "Hirngespenst" bezeichnete: Nie sei Kraft in einen Skandal verwickelt gewesen. Bei der mündlichen Verhandlung am Mittwoch untersagte die Pressekammer des Landgerichts der CDU, Kraft in einen Zusammenhang mit dem angeblichen Förderskandal zu bringen. Es handle sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Den Begriff "Kraftilantis Lebenslauf-Lüge" hingegen wertete die Kammer als zulässige Meinungsäußerung im Wahlkampf. Damit hat Kraft zwar einen juristischen Teilsieg errungen, politisch allerdings hat sie verloren. Denn mit ihrer Klage hat sie der CDU-Kampagne ungeahnte Publizität verschafft.


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