Ohrenbetäubende "Jürgen,
Jürgen"-Sprechchöre ertönen, als Kölns neuer Oberbürgermeister am
Sonntagabend den Saal im Rathaus betritt. Nach zehn trüben Jahren
steht mit Jürgen Roters endlich wieder ein Sozialdemokrat an der
Spitze der größten Stadt Nordrhein-Westfalens.
Strahlend klettert der 60-Jährige auf
einen Tisch und jubelt. Mit 54,7 Prozent hat Roters als gemeinsamer
Kandidat von SPD und den Grünen den CDU-Mann Peter Kurth
deklassiert. Der ehemalige Berliner Finanzsenator bekam nur 33,3
Prozent. Der Erfolg des nüchternen Verwaltungsfachmanns Roters ist
das Ereignis der nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen. Er
überstrahlt an diesem Abend alles - auch dass seine Partei
landesweit und bei der Stadtratswahl in Köln mit 28 Prozent ihr
schlechtestes Ergebnis in der Nachkriegszeit einfuhr.
Dabei kam der Sieg des früheren
Kölner Polizei- und Regierungspräsidenten nicht überraschend,
nachdem der bisherige CDU-Amtsinhaber Fritz Schramma wegen seines
dilettantischen Krisenmanagements nach dem Einsturz des Kölner
Stadtarchivs im März auf eine erneute Kandidatur verzichten musste.
Der 1949 in Coesfeld geborene Roters hat seine Chance geschickt
genutzt. Im Wissen um die für ihn hervorragenden Umfragewerte
verlegte sich der passionierte Marathonläufer und frühere Deutsche
Jugendmeister über 1.500 und 3.000 Meter im Wahlkampf auf die
schlichte Strategie, Fehler zu vermeiden und keine Angriffsflächen
zu bieten. Entsprechend ungenau und vage bleiben viele seiner
Aussagen, sein Konkurrent Kurth bekam ihn nicht zu packen.
Es ist das erste Wahlamt des
Juristen, der seit 1967 SPD-Mitglied ist. Noch 2000 hatte es der
dreifache Vater aus familiären Gründen abgelehnt, in das Rennen um
den Kölner OB-Posten zu gehen. Eine "sozial gerechte, ökologisch
innovative Politik" kündigte Roters am Wahlabend an. In den sechs
Jahren seiner Amtszeit werde "die Stadt ein neues Gesicht bekommen,
ein Gesicht, auf das wir stolz sein können". Dabei setzt er auf ein
enges Bündnis mit den in Köln traditionell starken Grünen, die hier
mit 21,7 Prozent ihr landesweit bestes Ergebnis erreichen konnten.
Dank seiner Stimme verfügt Rot-Grün über eine hauchdünne Mehrheit im
Stadtrat.