KOALITION Sondierung mit der Linken gescheitert. Keine
Chance mehr für Regierungsbeteiligung der Grünen.
Rot-Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen ist passé.
Rund fünf Stunden hatten SPD und Grüne mit der Linkspartei am
Donnerstag hinter verschlossenen Türen in einem Düsseldorfer Hotel
getagt. Dann war das Linksbündnis zu den Akten gelegt. SPD und Grüne
seien gemeinsam zu dem Schluss gekommen, "dass es keinen Sinn macht,
die Sondierungsgespräche fortzusetzen oder in
Koalitionsverhandlungen einzusteigen", sagte die
SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft. Es habe sich ihre
Einschätzung bestätigt, dass die Linkspartei "in der jetzigen
Verfassung weder regierungs- noch koalitionsfähig" sei.
Es sei "ein
sehr ernüchterndes Gespräch" gewesen, sekundierte die grüne
Landtagsfraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann. Deshalb sei auch ihre
Partei dafür gewesen, "lieber heute einen klaren Schlussstrich zu
ziehen". Die Spitze der NRW-Linkspartei gab hingegen den anderen
beiden Parteien die Schuld für das Misslingen. "Ein Politikwechsel
ist heute an Rot-Grün gescheitert", sagte Linken-Landessprecherin
Schwabedissen. "Es wurde für NRW eine große Chance vertan."
Landtagsfraktionschef Zimmermann sprach von "offensichtlichen
Scheingesprächen".
Offenkundig
klappte es schon atmosphärisch nicht. Von Anfang herrschte eine
große Spannung zwischen den insgesamt 16 rot-grünen Unterhändlern
auf der einen und den 8 Linksparteiemissären auf der anderen Seite.
"Es war eine einzige Katastrophe", sagte SPD-Vizelandeschef Jochen
Ott der taz. Es habe nichts zusammengepasst.
Das
manifestierte sich bereits in einer ausufernden Diskussion über die
DDR direkt zu Beginn des Sondierungsgesprächs: Zweieinhalb Stunden
stritten sich die Parteien über den 1990 verblichenen
Arbeiter-und-Bauern-Staat, ohne auf einen gemeinsamen Nenner zu
kommen. SPD und Grüne verlangten, die DDR als "Unrechtsstaat" zu
klassifizieren. Damit jedoch taten sich die Linksparteiler schwer.
"Die sagten immer nur: Ja, aber in der BRD gab es die Verfolgung von
Kommunisten", berichtet Ott verständnislos. "Bei jedem dritten Satz
wurde eine Relativierung hinterhergeschoben."
Auch Kraft
und Löhrmann kritisierten unisono, es habe "sehr viel relativierende
Äußerungen" gegeben. "Dies war ein wesentliches Hindernis", sagte
Kraft. Die Sicht der Linkspartei ist eine andere. "Wir haben nichts
relativiert", beteuert Schwabedissen. "Wir waren bereit, den Satz zu
unterschreiben: Die DDR war keine Demokratie, die DDR war eine
Diktatur." Das habe den anderen jedoch nicht genügt.
Das Problem:
Was Sozialdemokraten und Grüne als relativierende "Retourkutsche"
erschien, tangierte für manch Linkspartei-Delegationsmitglied
unmittelbar die eigene persönliche Geschichte. So gehörte zu den
tausenden Kommunisten, die während der Adenauer-Ära aufgrund des
KPD- und FDJ-Verbots in den Knast gesteckt wurden, auch der Vater
der Linken-Schatzmeisterin Nina Eumann. Nicht einmal 20 Jahre alt
war der damalige FDJ-Sekretär, als er Mitte der Fünfzigerjahre wegen
seiner Überzeugung eingesperrt wurde.
Allerdings
war die DDR-Frage nicht die einzige unüberwindliche Hürde. Auch beim
Thema Verfassungsschutz - die Linkspartei in NRW wird immer noch von
ihm überwacht - ließ sich kein Konsens finden. Es habe kein
gemeinsames Verständnis gegeben, "dass der Verfassungsschutz als
Instrument zur Sicherstellung der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung und zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger notwendig
ist", hieß es dann von grüner Seite.
Der nächste
Knackpunkt: Wie verlässlich wäre die Linkspartei in einer Koalition?
SPD und Grüne verlangten, angesichts der Haushaltslage müsse die
Linkspartei bereit sein, auch schmerzhafte Einsparungen mitzutragen.
Die linken Parlamentsneulinge wollten hingegen keine Blankoschecks
ausstellen.
Als die
Linken-Vertreter zudem nicht garantieren wollten, dass ihre Partei
in schwierigen Situationen darauf verzichtet, auch gegen ihre
Fraktion und eine gemeinsame Regierung beispielsweise zu Demos zu
mobilisieren, reichte es Sozialdemokraten und Grünen endgültig. "Für
ein stabiles und verantwortungsbewusstes Regierungshandeln im
größten Bundesland mit den Herausforderungen der kommenden Zeit ist
es aus unserer Sicht untragbar, dass die Linke damit Regierung und
Opposition in einem sein will", heißt es in einem Brief der
Grünen-Parteivorsitzenden Daniela Schneckenburger und Arndt Klocke
sowie von Landtagsfraktionschefin Löhrmann an die Parteibasis. Die
Linkspartei sei "nicht sicher und erfahren genug, um eine gemeinsame
Regierung zu tragen, und nicht in der Lage, die an sie gestellten
Erwartungen an ein verantwortungsbewusstes Regierungshandeln zu
erfüllen".
Die nötigen
Erfahrungen kann die Linkspartei jetzt in der Opposition sammeln -
gemeinsam mit den Grünen, deren Traum von einer
Regierungsbeteiligung ebenfalls ausgeträumt ist.