25.05.2010

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taz

 Ein Gefühl von Demütigung
Von Pascal Beucker

NRW Auf ihrem Sonderparteitag leckt die Linkspartei nach den gescheiterten Sondierungsgesprächen zwischen Rot-Rot-Grün ihre Wunden. DDR-Apologeten erhalten Abfuhr.

Bärbel BeuermannDer außerordentliche Landesparteitag der Linkspartei neigt sich bereits dem Ende zu, da kommt am späten Sonntagnachmittag noch einmal Unruhe auf. Im Bottroper Saalbau ergreift Jürgen Aust das Mikrofon. Der Duisburger Altlinke, einer der Wortführer der Kommunistischen Plattform in Nordrhein-Westfalen, beantragt eine Änderung im Leitantragsentwurf des Landesvorstands: Die Klassifizierung der DDR als Diktatur müsse gestrichen werden.

Das sei "rechte Propaganda", behauptet Aust. Mit einer solchen Bezeichnung würde nur die "klassische antikommunistische Klaviatur" bedient. Die DDR sei jedoch "ein sehr widersprüchliches Gesellschaftssystem" gewesen, vergleichbar mit den USA während der McCarthy-Ära. "War das eine Diktatur?", fragt Aust rhetorisch - und erntet heftige Zwischenrufe.

Ist an den Vorwürfen von SPD und Grünen vielleicht doch etwas dran, der westlichste Landesverband der Linkspartei habe ein ungeklärtes Verhältnis zu dem untergegangenen Arbeiter-und- Bauern-Staat im Osten? Einen solchen Eindruck wollen die knapp 190 Delegierten erst gar nicht aufkommen lassen. Nicht einmal 10 Prozent der Stimmen erhält der Antrag von Aust. Für die übergroße Mehrheit der knapp 190 Delegierten bleibt es dabei, "dass die DDR kein demokratischer Rechtstaat, sondern eine Diktatur war".

Die Linkspartei will sich nicht den Schwarzen Peter für das Scheitern des rot-rot-grünen Sondierungsgesprächs am vergangenen Donnerstag zuschieben lassen. "SPD und Grüne wollten uns an den Pranger stellen und nicht über Inhalte diskutieren", empört sich die Landtagsfraktionschefin Bärbel Beuermann. "Sie wollten die Linken einfach nicht haben." Ihr Co-Vorsitzender Wolfgang Zimmermann wirft den beiden Parteien "Wahlbetrug an der Bevölkerung" vor. Wenn die Linkspartei bei den "Scheingesprächen" einen Fehler gemacht habe, dann den, nicht nach einer Stunde DDR-Diskussion gesagt zu haben: "Ihr tickt doch nicht ganz richtig!"

Der Beifall für Beuermann und Zimmermann ist groß. Dabei erregt nicht in erster Linie das Platzen von Rot-Rot-Grün die Delegierten. Viele hatten ohnehin nicht an das Zustandekommen einer solchen Koalition geglaubt - und sind sogar sichtlich froh, sich jetzt ungestört auf ihre Oppositionsrolle vorbereiten zu können. Aber sie fühlen sich vorgeführt. "Wir lassen uns auch nicht demütigen bei solchen Gesprächen", sagt der Münsteraner Ex-Grüne Hubertus Zdebel. "Immer wenn die anderen keine Argumente mehr haben, kommt die DDR", schimpft die Bielefelder Ratsfrau Barbara Schmidt.

Unterdessen bereitet sich die SPD auf ihr erstes Sondierungsgespräch mit der CDU vor, das am kommenden Donnerstag in Düsseldorf stattfinden soll. Es sei "völlig offen, ob wir uns am Ende auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung verständigen werden", sagte die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft der Bild am Sonntag. Wenn die Christdemokraten "nicht begreifen und anerkennen, dass ihre Politik der letzten fünf Jahre abgewählt worden ist, wird das schwierig". Auch Neuwahlen wollte sie nicht ausschließen.


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