NRW Auf ihrem Sonderparteitag leckt die Linkspartei nach den
gescheiterten Sondierungsgesprächen zwischen Rot-Rot-Grün ihre
Wunden. DDR-Apologeten erhalten Abfuhr.
Der außerordentliche Landesparteitag der
Linkspartei neigt sich bereits dem Ende zu, da kommt am späten
Sonntagnachmittag noch einmal Unruhe auf. Im Bottroper Saalbau
ergreift Jürgen Aust das Mikrofon. Der Duisburger Altlinke, einer
der Wortführer der Kommunistischen Plattform in Nordrhein-Westfalen,
beantragt eine Änderung im Leitantragsentwurf des Landesvorstands:
Die Klassifizierung der DDR als Diktatur müsse gestrichen werden.
Das sei
"rechte Propaganda", behauptet Aust. Mit einer solchen Bezeichnung
würde nur die "klassische antikommunistische Klaviatur" bedient. Die
DDR sei jedoch "ein sehr widersprüchliches Gesellschaftssystem"
gewesen, vergleichbar mit den USA während der McCarthy-Ära. "War das
eine Diktatur?", fragt Aust rhetorisch - und erntet heftige
Zwischenrufe.
Ist an den
Vorwürfen von SPD und Grünen vielleicht doch etwas dran, der
westlichste Landesverband der Linkspartei habe ein ungeklärtes
Verhältnis zu dem untergegangenen Arbeiter-und- Bauern-Staat im
Osten? Einen solchen Eindruck wollen die knapp 190 Delegierten erst
gar nicht aufkommen lassen. Nicht einmal 10 Prozent der Stimmen
erhält der Antrag von Aust. Für die übergroße Mehrheit der knapp 190
Delegierten bleibt es dabei, "dass die DDR kein demokratischer
Rechtstaat, sondern eine Diktatur war".
Die
Linkspartei will sich nicht den Schwarzen Peter für das Scheitern
des rot-rot-grünen Sondierungsgesprächs am vergangenen Donnerstag
zuschieben lassen. "SPD und Grüne wollten uns an den Pranger stellen
und nicht über Inhalte diskutieren", empört sich die
Landtagsfraktionschefin Bärbel Beuermann. "Sie wollten die Linken
einfach nicht haben." Ihr Co-Vorsitzender Wolfgang Zimmermann wirft
den beiden Parteien "Wahlbetrug an der Bevölkerung" vor. Wenn die
Linkspartei bei den "Scheingesprächen" einen Fehler gemacht habe,
dann den, nicht nach einer Stunde DDR-Diskussion gesagt zu haben:
"Ihr tickt doch nicht ganz richtig!"
Der Beifall
für Beuermann und Zimmermann ist groß. Dabei erregt nicht in erster
Linie das Platzen von Rot-Rot-Grün die Delegierten. Viele hatten
ohnehin nicht an das Zustandekommen einer solchen Koalition geglaubt
- und sind sogar sichtlich froh, sich jetzt ungestört auf ihre
Oppositionsrolle vorbereiten zu können. Aber sie fühlen sich
vorgeführt. "Wir lassen uns auch nicht demütigen bei solchen
Gesprächen", sagt der Münsteraner Ex-Grüne Hubertus Zdebel. "Immer
wenn die anderen keine Argumente mehr haben, kommt die DDR",
schimpft die Bielefelder Ratsfrau Barbara Schmidt.
Unterdessen
bereitet sich die SPD auf ihr erstes Sondierungsgespräch mit der CDU
vor, das am kommenden Donnerstag in Düsseldorf stattfinden soll. Es
sei "völlig offen, ob wir uns am Ende auf die Bildung einer
gemeinsamen Regierung verständigen werden", sagte die
SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft der Bild am Sonntag.
Wenn die Christdemokraten "nicht begreifen und anerkennen, dass ihre
Politik der letzten fünf Jahre abgewählt worden ist, wird das
schwierig". Auch Neuwahlen wollte sie nicht ausschließen.