25.05.2010

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 Karstadt-Beschäftigte bangen
Von Pascal Beucker

HANDEL Kurz vor Ablauf der Bieterfrist für die insolvente Kaufhauskette haben sich mehrere Investoren gemeldet. Kommunen sind zum Verzicht auf Gewerbesteuereinnahmen bereit.

KÖLN taz | Bei den Karstadt-Beschäftigten herrscht kurz vor Ablauf der Bieterfrist für die insolvente Kaufhauskette eine Stimmung zwischen Hoffen und Bangen. Kurz vor dem Toresschluss am Freitag sind inzwischen mehrere potenzielle Retter in Sicht. Neben dem europäischen Investor Triton, der bereits Ende April ein Angebot abgegeben hatte, und der Investmentgesellschaft Berggruen soll nun auch das Vermieterkonsortium Highstreet seinen Hut in den Ring geworfen haben.

Der Eigentümer von mehr als 80 der 120 Karstadt-Immobilien soll sich nach einem Bericht der Bild am Sonntag dazu durchgerungen haben, in den kommenden Tagen ein konkretes Angebot für alle Häuser abzugeben. Das Konsortium gehört zu 51 Prozent der Investmentbank Goldman Sachs. Weitere Anteilseigner sind die Deutsche Bank sowie zwei italienische Investoren.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di ließ am Wochenende Präferenzen für Highstreet durchblicken. "Highstreet wäre im Sinne der Beschäftigten nicht die schlechteste Option", sagte eine Ver.di-Sprecherin. Zugleich meldete Ver.di deutliche Zweifel an der Seriosität der Berggruen-Offerte an. "Das ist eine seriöse Angelegenheit", versicherte hingegen Nicolas Berggruen, der am vergangenen Freitag in das Bieterrennen eingestiegen ist, der Berliner Morgenpost. Er habe weder ein Interesse an kurzfristiger Gewinnmaximierung noch an einem schnellen Weiterverkauf. Anders als der Kaufkonkurrent Triton erwarte er keine weiteren Zugeständnisse vom Personal.

Bevor die Gläubiger darüber entscheiden können, wem sie den Zuschlag geben wollen, muss allerdings noch ein Hindernis überwunden werden. Falls der von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg erarbeitete Insolvenzplan nicht in Kraft treten kann, droht der Warenhauskette doch noch die Zerschlagung. Am Dienstagmittag endet für die 94 Kommunen mit Karstadt-Filialen die Frist, bis zu der sie ihren Verzicht auf die erwarteten Gewerbesteuerforderungen erklären sollen. Es geht um eine Gesamtsumme von bis zu 140 Millionen Euro. Hintergrund ist ein außerordentlicher Ertrag in der Karstadt-Bilanz, der durch einen Forderungsverzicht der Gläubiger von bis zu 2 Milliarden Euro entstehen würde. Fast alle Städte haben inzwischen zugestimmt - eine wichtige jedoch fehlt: "Eine Entscheidung pro Karstadt steht von Köln noch aus", sagte der Sprecher von Verwalter Görg. "Die Kölner haben allein schon die Dimension, den Plan noch scheitern lassen zu können."

Doch an der rheinischen Metropole wird die Rettung von Karstadt laut Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans (SPD) nicht scheitern. Am Dienstagvormittag werde der Stadtvorstand tagen und eine entsprechende Dringlichkeitsentscheidung treffen. Danach werde dem Insolvenzverwalter umgehend schriftlich mitgeteilt, dass Köln auf die 1,7 Millionen Euro Gewerbesteuer verzichtet. Er sei der Überzeugung, "dass der Erhalt von 25.000 Arbeitsplätzen definitiv wichtiger ist als eine theoretische Forderung", sagte Walter-Borjans der taz.


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