ÜBERNAHME Der Investor Nicolas Berggruen will marode Warenhauskette "erneuern" und auf Einschnitte bei den Mitarbeitern verzichten. Nur hat er ein Problem: hohe Mieten.

Mehr als acht Stunden hatten sie gerungen, dann erhielt am Montagabend Nicolas Berggruen den Zuschlag für die insolvente Warenhauskette Karstadt. Im Gläubigerausschuss stimmten neun der elf Mitglieder zugunsten des Berliner Privatinvestors. Doch die 25.000 Karstadt-Beschäftigten müssen weiter bangen: Der Verkauf ist noch nicht endgültig gesichert.

Berggruen kündigte an, er wolle das 129 Jahre alte Traditionsunternehmen "erneuern" und "wieder auf Kurs" bringen. Nach den Vorstellungen von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg sollte noch am gestrigen Dienstag der Kaufvertrag mit dem designierten Eigner notariell beurkundet werden. Am Donnerstag könnte dann das Essener Amtsgericht den Insolvenzplan absegnen. Nur: Der unterlegene Mitbieter Highstreet bereitet noch Probleme. Der mehrheitlich zu Goldman Sachs gehörende Immobilienfonds besitzt 86 der 120 von Karstadt genutzten Häuser. Bislang gibt es keine Verständigung über künftige Mieten.

Highstreet soll zwar bereit sein, die Mindestmieten für alle seine Häuser 2010 von derzeit rund 250 Millionen Euro auf 210 Millionen Euro zu senken. Bis 2018 sollen sie, so heißt es, jedoch schrittweise wieder auf 250 Millionen Euro steigen. Ein Highstreet-Sprecher erklärte: "Wenn das für alle Bieter geltende Angebot zu Mietsenkungen nicht angenommen wird, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Liquidation von Karstadt erheblich."

Berggruen will weiter verhandeln. Unterstützt wird er dabei von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Es sei "unstrittig", dass mit den derzeit gezahlten Mieten kein Betreiber die Warenhäuser profitabel führen könne, sagte die stellvertretende Vorsitzende Margret Mönig-Raane im Radio Berlin Brandenburg.

In dem verbissen geführten Bieterwettstreit zwischen Berggruen, Highstreet und der deutsch-schwedischen Beteiligungsgesellschaft Triton hatte sich Ver.di kurz vor der entscheidenden Sitzung des Gläubigerausschusses am Montag auf die Seite Berggruens geschlagen. Der Sohn des während der Nazi-Diktatur emigrierten Berliner Journalisten, Kunsthändlers und Mäzens Heinz Berggruen hatte als einziger Kaufinteressent zugesagt, auf weitere Einschnitte bei den Karstadt-Mitarbeitern zu verzichten: Von ihnen seien "bereits derartige Zugeständnisse gemacht worden, dass jetzt Schluss sein muss". Mit der Übernahme von Karstadt betritt der 48-jährige Milliardär, dessen Vermögen Forbes auf 2,2 Milliarden und das Wall Street Journal auf 3 Milliarden Dollar taxiert, Neuland. Er verfügt bislang über keinerlei Erfahrung im Warenhausgeschäft. Seiner Private-Equity-Firma Berggruen Holdings gehören unter anderem eine indische Hotelkette, türkische Windenergie-Firmen, israelische Immobilien, Reisanbau-Farmen in Kambodscha und eine Ethanol-Kraftstoff-Fabrik in Oregon. 2007 übernahm sie wesentliche Teile des in die Insolvenz gegangenen Möbelherstellers und Ikea-Lieferanten Schieder aus Westfalen. Darüber hinaus hat Berggruen zahlreiche historisch wertvolle Immobilien in Berlin.

Der von Berggruen angebotene Kaufpreis für Karstadt soll bei rund 70 Millionen Euro liegen. Wie es heißt, plant er in den kommenden drei Jahren Investitionen von rund 240 Millionen Euro. Bei der Sanierung der maroden Kaufhauskette helfen soll ihm der Designer Max Azria, an dessen kalifornisches Modelabel BCBG Max Azria Group er die operative Führung weitgehend übertragen will. BCBG besitzt in Deutschland zehn Modeläden, die das in Los Angeles gegründete Unternehmen im März 2009 von dem insolventen belgischen Modefilialisten Donaldson übernommen hatte.