NRW Die Grünen
wollen schnellstmöglich eine rot-grüne Minderheitsregierung. Doch
die SPD scheut das Risiko und will den Politikwechsel aus dem
Parlament heraus betreiben.
Die Grünen machen Druck für eine rot-grüne
Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen. "Herr Rüttgers klebt am
Sessel, obwohl er krachend abgewählt worden ist, und die SPD
verweigert sich - derzeit zumindest - dem Regierungswechsel", sagte
die grüne Landtagsfraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann in
Düsseldorf. Das sei "ein Förderprogramm für Politikverdrossenheit".
Noch halten die Sozialdemokraten allerdings an
ihrer Linie fest. "Eine SPD-geführte Minderheitsregierung wird
derzeit nicht angestrebt", beschloss am Montagabend ihr
Landesparteirat einstimmig. Aber nach der parlamentarischen
Sommerpause dürften die Karten neu gemischt werden. "Es kann
Situationen geben, in denen das erforderlich ist, um Schaden vom
Land und seinen Bürgern abzuwenden", räumte die SPD-Landeschefin
Hannelore Kraft ein.
Dabei hat die Oppositionsführerin den Bundesrat
im Auge: Sollte dort etwa die Verlängerung der Laufzeiten für
Atomkraftwerke mit den Stimmen aus NRW verhindert werden können, sei
durchaus denkbar, dass sie sich doch noch als Ministerpräsidentin
zur Wahl stellt: "Das haben wir sehr wohl im Blick."
Doch gerne würde Kraft darum herumkommen. Sie
will jedes Risiko vermeiden. Unsicher sei, ob nicht doch
schwarz-grün orientierte Grüne in der geheimen Wahl für CDU-Mann
Jürgen Rüttgers stimmen könnten, glauben führende Genossen. Auch von
möglichen Abweichlern in den eigenen Reihen ist die Rede. Wie ihre
Parteifreundinnen Ypsilanti und Simonis in Hessen und
Schleswig-Holstein könnte Kraft durchfallen - und stünde damit vor
dem politischen Aus.
Deshalb setzt sie lieber auf eine
Zermürbungsstrategie mit dem Ziel Neuwahlen: Spätestens beim
Scheitern eines schwarz-gelben Haushalts im Herbst werde der nur
noch geschäftsführende CDU-Ministerpräsident Rüttgers bereit zu
einem erneuten Urnengang sein, hofft Kraft. Bis dahin will sie den
von ihr propagierten "Politikwechsel" aus dem Parlament heraus
vorantreiben: mit Gesetzentwürfen etwa für mehr Mitbestimmung im
Öffentlichen Dienst, zur Abschaffung der von Schwarz-Gelb
eingeführten Kopfnoten oder der Studiengebühren.
Im Düsseldorfer Landtag verfügen SPD und Grüne
mit 90 von 181 Sitzen über zehn Stimmen mehr als CDU und FDP.
Zünglein an der Waage ist die Linkspartei mit elf Mandaten. Die
Sozialdemokraten gehen davon aus, dass deren Abgeordnete auch ohne
vorherige Absprachen ihre Initiativen nicht gemeinsam mit
Schwarz-Gelb ablehnen werden. Doch ganz so einfach wollen es die
linken Parlamentsfrischlinge den Genossen nicht machen. "Wir werden
nicht das Stimmvieh von SPD und Grünen geben", kündigte Rüdiger
Sagel, der Vizefraktionsvorsitzende der Linken, bereits an.
Die Grünen stehen der SPD-Strategie mehr als
skeptisch gegenüber. "Allein aus dem Parlament heraus zu gestalten,
stößt unmittelbar an Grenzen und kann keinen Politikwechsel
herbeiführen", kritisierte Fraktionschefin Löhrmann. So könne die
geschäftsführende Regierung haushaltsrelevante Beschlüsse
blockieren. Nur mit einer so schnell wie möglich zu bildenden
rot-grün geführten Administration könnten wichtige politische Ziele
systematisch umgesetzt werden - und wenn es sein muss, eben auch mit
wechselnden Mehrheiten.