Minderheitsregierung in NRW: Was kann sie durchsetzen? Was macht die Linkspartei mit?

Ursprünglich hatte Hannelore Kraft "über das Parlament unseren Politikwechsel vorantreiben" wollen - mit zweifelhaften Erfolgsaussichten. Mit der rot-grünen Minderheitsregierung erhöht sich hingegen ihr Gestaltungsspielraum. Auch ohne Parlamentsmehrheit kann sie problemlos zahlreiche Korrekturen an der bisherigen schwarz-gelben Regierungspolitik vornehmen: von der Abschaffung der Kopfnoten bis zur Änderung von Förderrichtlinien. Das Kriterium ist: Die Initiativen müssen unterhalb der Gesetzesschwelle liegen. Auch bei der Besetzung des Kabinetts gibt es keine Probleme. Anders als in manchen Bundesländern werden die Minister in NRW nicht vom Landtag gewählt und müssen auch nicht von diesem bestätigt werden.

Die von SPD und Grünen angekündigte Abschaffung der Studiengebühren bedarf indes der Zustimmung des Landtags - ebenso wie die Wiedereinführung des Klimaschutz-Paragrafen im Landesentwicklungsgesetz oder eine Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, um den von CDU und FDP durchgesetzten Abbau von Mitbestimmung im öffentlichen Dienst zurückzudrehen. Ganz zu schweigen von der versprochenen Schulreform, mit der das dreigliedrige System schrittweise abgeschafft werden soll.

Allerdings können SPD und Grüne bei all diesen Vorhaben mit der Unterstützung zumindest eines Teils der Abgeordneten von der Linkspartei rechnen. Deren Vorstellungen gehen zwar über die rot-grünen hinaus. Trotzdem dürften sie ihre Stimmen nicht verweigern, hat doch ihr Landtagsfraktionschef Wolfgang Zimmermann angekündigt, Kriterium für sie sei ausschließlich, ob sich "die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen verbessern" würden.

Schwierig wird's jedoch beim Haushalt für das kommende Jahr, der eigentlich im Herbst auf der Tagesordnung des Landtags stehen müsste. Es ist nicht vorstellbar, dass CDU, FDP und Linkspartei einem von SPD und Grünen eingebrachten Haushaltsplan zustimmen werden. Juristen aber gehen davon aus, dass es der Artikel 82 der Landesverfassung erlaubt, den aktuellen Haushalt auf das kommende Jahr fortzuschreiben. Somit könnte eine rot-grüne Minderheitsregierung ohne aktuellen Haushalt weit über das Jahresende hinaus im Amt bleiben.

Das aber dürfte weder im Interesse der SPD noch der Grünen liegen. Ihr Ziel sind Neuwahlen, um zu einer stabilen rot-grünen Mehrheit zu kommen. Aber auch für einen neuerlichen Urnengang brauchen sie mindestens noch eine Stimme aus der Opposition.