30.07.2010

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taz

 Demo gegen OB Sauerland
Von Pascal Beucker

LOVEPARADE Der Duisburger Oberbürgermeister will nichts mit den Entscheidungen zur Technoparty zu tun gehabt haben. Der Beamtenbund erwartet Konsequenzen.

Loveparade-KatastropheVor dem Duisburger Rathaus forderten am Donnerstag mehrere hundert Menschen den sofortigen Rücktritt von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU). "Sauerland raus!", skandierten die aufgebrachten Demonstranten. Sie werfen dem Stadtoberhaupt und den Spitzen der Verwaltung vor, sich aus der Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe zu stehlen, bei der am Samstag 21 Menschen ihr Leben verloren. Es dürfe keine "heuchlerischen Entschuldigungen" mehr geben, sagte ein Redner unter großem Applaus. Offizielle Vertreter der Stadt ließen sich auf der Kundgebung nicht blicken.

Unterdessen rechtfertigte Sauerland in mehreren Zeitungsinterviews sein Verbleiben im Amt. Das entspräche seinem "Pflichtbewusstsein", sagte er den Zeitungen der WAZ-Gruppe. "Wenn es Verantwortung zu übernehmen gibt, werde ich diese übernehmen." Doch die kann er bisher nicht erkennen: "Persönliche Verantwortung kann es nur geben, wenn es ungerechtfertigte Eingriffe in den Prozess gegeben hätte. Diese gab es aber nicht." Am Entscheidungsprozess für die Loveparade sei er nicht beteiligt gewesen. "Ich persönlich habe nichts unterschrieben, keine einzige Genehmigung", sagte er der Bild. Vielmehr hätten "die zuständigen Stellen in der Verwaltung" die Genehmigungen erteilt.

Immerhin entschuldigte er sich dafür, dass er zunächst am Samstag von "individuellen Schwächen" als Unglücksursache gesprochen und behauptet hatte, die Opfer seien zu Tode gestürzt. Tatsächlich waren sie an den Folgen von Brustquetschungen gestorben.

Der Deutsche Beamtenbund wirft den Duisburger Stadtoberen vor, im Vorfeld der Loveparade Mitarbeiter der Verwaltung systematisch unter Druck gesetzt zu haben. Damit habe erreicht werden sollen, dass sie Sicherheitsbedenken fallen lassen, um den Megaevent zu ermöglichen. "Aufgrund des bis heute bekannten Sachverhalts zur Tragik in Duisburg stellt sich die Frage, warum der Regierungspräsident als Aufsichtsbehörde bisher keine disziplinarrechtlichen Maßnahmen eingeleitet hat", sagte der Vorsitzende des Beamtenbunds NRW, Meinolf Guntermann. Aus der Führungsebene auf diese Weise Mitarbeiter unter Druck zu setzen, offenbare hochgradiges Fehlverhalten von Vorgesetzten.

Die Duisburger Ratsfraktion der Linkspartei hat inzwischen angekündigt, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Sauerland und den Ordnungsdezernenten Wolfgang Rabe (CDU) zu initiieren. Für die Abwahl des Stadtoberhauptes sieht die NRW-Gemeindeordnung allerdings hohe Hürden vor. Zunächst einmal müssten mindestens 50 der 75 Duisburger Stadtratsmitglieder der Einleitung des Verfahrens zustimmen. Das könnte an der CDU scheitern, da die anderen Parteien nur auf 49 Sitze kommen. Käme der Antrag durch, könnten dann die Bürger abstimmen: Sauerland wäre abgewählt, wenn sich mindestens 25 Prozent aller Wahlberechtigten dafür aussprächen.

Wegen des erwarteten großen Andrangs wird die zentrale Gedenkveranstaltung, die am Samstag in der Duisburger Salvatorkirche stattfindet, jetzt auch auf Großbildleinwänden an zahlreichen weiteren Orten in der Stadt übertragen. Oberbürgermeister Sauerland wird an der Trauerfeier nicht teilnehmen.


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