Die Linkspartei droht, den Haushaltsentwurf der
rot-grünen Minderheitsregierung abzulehnen. Die Grünen halten
dagegen und drohen mit Neuwahlen.
Die
Linkspartei im nordrhein-westfälischen Landtag ist verstimmt. Sie
fordert Nachbesserungen an dem von SPD und Grünen eingebrachten
Nachtragshaushalt. "Wir können und werden dem Etatentwurf so nicht
zustimmen", warnt Linksfraktionschef Wolfgang Zimmermann. Doch die
rot-grüne Minderheitskoalition sieht keinen Verhandlungsbedarf. Sie
weiß, dass das Drohpotenzial der Linken begrenzt ist. Denn weder sie
noch die beiden anderen Oppositionsparteien können derzeit Neuwahlen
riskieren.
Zentrale Forderungen der Linkspartei sind die
Abschaffung der Studiengebühren bereits zum Sommersemester 2011 und
die Neueinstellung von 200 Steuerprüfern. Beides ist zwar eigentlich
gar nicht relevant für den im Dezember zur Abstimmung stehenden
Nachtragshaushalt 2010, aber die Linke hätte gern eine sogenannte
Verpflichtungsermächtigung, die beide Vorhaben schon jetzt
haushaltsrechtlich verbindlich absichert. Doch damit stoßen sie bei
Rot-Grün auf Granit. "Der Nachtragshaushalt ist die Abschlussbilanz
von Schwarz-Gelb", sagt Jochen Ott, Vizechef der NRW-SPD. Politische
Gestaltungsspielräume gebe es deshalb erst beim Haushalt 2011, der
im Sommer verabschiedet werden soll.
Linksfraktionsvize Rüdiger Sagel hält das für
eine Ausrede. Schließlich seien im von Rot-Grün vorgelegten Entwurf
auch 4 Millionen Euro für eine noch nicht gegründete Stiftung
vorgeplant. "An dem Punkt hat Sagel recht", räumt
Grünenfraktionschef Reiner Priggen ein. "Das gehört ebenfalls hier
nicht rein." Er gehe davon aus, dass der Posten noch gestrichen
werde. Es bleibe dabei: Der Nachtragsetat, der eine Erhöhung der
Nettokreditaufnahme von 6,6 auf 8,9 Milliarden Euro vorsieht, habe
keinen eigenen Gestaltungsanspruch.
Die Linkspartei will das nicht gelten lassen.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass SPD und Grüne so dumm sind, mit
uns nicht zu sprechen", sagt Fraktionschef Zimmermann. Doch mehr als
Rot-Grün ein bisschen ärgern kann er nicht. So haben sich die
Linkspartei-Abgeordneten jetzt darauf verständigt, sich nicht an den
Abstimmungen über den Nachtragshaushalt in den Ausschüssen zu
beteiligen, solange SPD und Grüne nicht mit ihnen verhandeln. Das
führte am Dienstag im Unterausschuss Personal zu einem Patt zwischen
Rot-Grün und Schwarz-Gelb - und damit zu einer ersten Niederlage der
Regierungskoalition.
Die Linkspartei bewegt sich auf dünnem Eis. Denn
für SPD und Grüne hat es sich ausgezahlt, dass sie im Juli das
Wagnis Minderheitsregierung eingegangen sind. Würde jetzt ein neuer
Landtag gewählt, könnte Rot-Grün mit einer satten absoluten Mehrheit
rechnen. Für die drei Oppositionsparteien sähe es hingegen düster
aus. Laut der jüngsten Forsa-Umfrage fiele die CDU auf 31 Prozent,
die FDP auf 3 Prozent. Dieses Schicksal würde auch der Linkspartei
drohen, die die Demoskopen derzeit bei 5 Prozent sehen. Sie kann es
deshalb nicht wagen, im Plenum geschlossen mit Nein zu stimmen.
Enthalten sich jedoch mindestens zwei Oppositionsabgeordnete, hätte
Rot-Grün schon gewonnen.
Entsprechend gelassen reagieren insbesondere die
derzeit auf 19 Prozent taxierten Grünen auf die verbalen
Kraftmeiereien. "Wenn wir die Abstimmung über den Nachtragshaushalt
tatsächlich verlieren, werde ich umgehend Neuwahlen beantragen",
kündigt der grüne Fraktionschef Priggen an. Das sei nicht als
Drohung zu verstehen, sondern nur „eine logische Konsequenz“. Er
gehe aber nicht davon aus, dass es soweit kommt: „Die Linkspartei
wird letztlich den Haushalt passieren lassen.“