HAUSHALT
FDP und CDU fordern Sparkurs, aber keine Neuwahlen. Rot-Grün macht
Schwarz-Gelb verantwortlich.
Nach
ihrer Schlappe vor dem Landesverfassungsgericht Münster gibt sich
die rot-grüne Minderheitskoalition in Nordrhein-Westfalen weiter
kämpferisch. "Diese Regierung ist in keiner Krise", beteuerte der
grüne Fraktionsvorsitzende Reiner Priggen in der gestrigen
Landtagsdebatte über die Folgen der einstweiligen Anordnung gegen
den Nachtragshaushalt 2010. "Wir werden weiterregieren, darauf
können Sie sich verlassen", sagte auch der SPD-Fraktionsvorsitzende
Norbert Römer in Richtung der schwarz-gelben Opposition. Und
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) versicherte, sie werde an
ihrem eingeschlagenen Weg "nachhaltig festhalten".
Von einem "politischen Erdbeben" sprach hingegen
FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. "Sie werden konsolidieren müssen",
forderte er von SPD und Grünen. "Sie verfrühstücken den Wohlstand
unseres Landes, anstatt ihn zu mehren", hielt CDU-Fraktionschef
Karl-Josef Laumann der Landesregierung vor. Das Wort Neuwahlen
nahmen allerdings weder Papke noch Laumann in den Mund. "In diesem
Nachtragshaushalt ist kein Stück rot-grüne Politik", hielt
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft CDU und FDP entgegen. Er sei
vielmehr nur die Endabrechnung mit den Haushaltstricks der
schwarz-gelben Vorgängerregierung.
Der Grüne Priggen erinnerte zudem daran, dass
das von CDU und FDP angestrengte Normenkontrollverfahren eine
Retourkutsche ist. Denn als Schwarz-Gelb 2005 die
Regierungsgeschäfte von Rot-Grün übernahm, stellte auch der damalige
Finanzminister Helmut Linssen (CDU) erst mal einen Nachtragshaushalt
mit einer kräftig erhöhten Nettoneuverschuldung auf - und die
SPD-Landtagsfraktion klagte dagegen. Mit Erfolg: Im April 2007
erklärte der NRW-Verfassungsgerichtshof den Nachtragsetat für
verfassungswidrig. Abgesehen von einem gewissen Imageschaden blieb
der Spruch für den damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers
(CDU) folgenlos. Das Geld war schließlich schon ausgegeben.
Das könnte diesmal anders sein. Denn die von
Rot-Grün beschlossene zusätzliche Nettoneuverschuldung um 1,83
Milliarden Euro auf 8,4 Milliarden Euro dient vor allem
Vorsorgemaßnahmen. Dazu gehören an erster Stelle zusätzliche 1,3
Milliarden Euro für das Sondervermögen "Risikoabschirmung WestLB
AG". Hier geht es um die aus Sicht von SPD und Grünen von der
Rüttgers-Regierung viel zu gering kalkulierten Risiken für toxische
Papiere, die von der angeschlagenen Landesbank in eine "Bad Bank"
ausgelagert wurden. Die Verfassungsrichter könnten "leider nur über
die Form der Berücksichtigung dieser Lasten im Haushalt"
entscheiden, sagte Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans
(SPD). "Dass wir die Lasten der Vergangenheit zu tragen haben, das
entzieht sich unserer Entscheidungsgewalt genauso wie der des
Gerichts."
Genau das ist das Problem für Rot-Grün: Kippt
das Münsteraner Verfassungsgericht in einigen Wochen endgültig das
Nachtragshaushaltsgesetz 2010 und wird das zurückgelegte Geld jedoch
in der bisher eingeplanten Höhe benötigt, müsste es in den Etat für
das laufende Jahr gebucht werden. SPD und Grüne dürften dann kaum
noch in der Lage sein, ihre Wahlversprechen wie die Schaffung eines
beitragsfreien Kita-Jahrs oder die Abschaffung der Studiengebühren
einzuhalten, frohlocken CDU und FDP bereits.
Auch wenn es der neue FDP-Landeschef Daniel Bahr
gestern im Deutschlandfunk vage in Aussicht stellte: Dass sich SPD
und Grüne, denen im Landtag eine Stimme zur absoluten Mehrheit
fehlt, für diesen Fall um ein Bündnis mit der FDP bemühen könnten,
gilt als unwahrscheinlich. Die realistischere Variante sind
vorgezogene Neuwahlen.
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