28.07.2011

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taz

 Rechte "Bürgerbewegung Pro Köln" in Erklärungsnot
Von Pascal Beucker

EXTREMISMUS Trotz Dementi: Auch an "Pro Köln" dürfte Breivik vor den Anschlägen sein "Manifest" gesendet haben

Das "Manifest" des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik bringt die "Bürgerbewegung Pro Köln" in Erklärungsnot. Die rechtsextreme Vereinigung hielt 2008 einen "Anti-Islamisierungs-Kongress" ab, der in dem 1.518-seitigen Pamphlet des Norwegers positiv erwähnt wird. Jetzt beklagt sich Pro Köln, mit dem "offensichtlich geistesgestörten Extremisten" in Zusammenhang gebracht zu werden. Judith Wolter, Vorsitzende der Pro-Köln-Fraktion im Stadtrat, sprach von einer "Kampagne gegen friedliche und gesetzestreue Islamkritiker und Patrioten", die sie "nur noch pietät- und geschmacklos" finde.

Vehement dementierte Wolter, dass Pro Köln zu jenem auserwählten Kreis gehört, dem Breivik kurz vor den Anschlägen sein wirres "Manifest" zuschickte. Breivik beschreibt die Linie der Partei darin als "Moderate nationalism". Die "Bürgerbewegung" habe "überhaupt keine solche E-Mail erhalten", erklärte Wolter. Das könne sie "nach einer ersten Überprüfung unserer E-Mail-Postfächer festhalten".

Wie die taz allerdings aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll Breivik sein Traktat sehr wohl an eine Kontaktadresse der bräunlichen Truppe verschickt haben, und zwar an die ihres Arbeitskreises "Christen pro Köln". Auf dessen Internetseite wird als Empfängerin der Mails an die Adresse Christenprokoeln@aol.com Regina Wilden angegeben. Das ehemalige Kölner Ratsmitglied gehört sowohl dem Vorstand von Pro Köln als auch von Pro Deutschland an. Wilden beteuert jedoch, dass bei ihr "kein Schreiben des Attentäters Breivik eingegangen ist, ebenso kein anderes Schreiben aus Norwegen und auch sonst kein Schreiben mit der in Frage stehenden Datei".

Für Freitagabend haben antifaschistische und antirassistische Gruppen eine Kundgebung vor dem Stadtratsbüro von Pro Köln am Kölner Heumarkt geplant. In ihrem Aufruf weisen sie auf Breiviks langjährige Mitgliedschaft in der norwegischen Fortschrittspartei hin, die zu den Vorbildern der Pro-Bewegung in Deutschland gehört. Überdies erinnern sie an den Fall von Thomas A., einem Aktivisten der Pro-Köln-Vorläuferin Deutsche Liga für Volk und Heimat. Er hatte 2003 in einem Amoklauf drei Menschen ermordet. "Rechte Gruppierungen ziehen Soziopathen an", sagte Linkspartei-Ratsherr Claus Ludwig. "Im geistigen Biotop von Rassismus und aggressivem Nationalismus gedeihen Gewaltfantasien besonders."


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