BAUSTREIT Der islamische
Dachverband Ditib kündigt dem Architekten für den Bau der
Zentralmoschee in Köln. Die Folge könnte ein jahrelanger
Rechtsstreit sein.
Kurz vor ihrer Fertigstellung gibt es neuen
Streit um die Kölner Zentralmoschee. Offenbar aufgrund eines
politischen Kurswechsels hat die Türkisch-Islamische Union der
Anstalt für Religion (Ditib) als Bauherrin dem verantwortlichen
Architekten Paul Böhm "mit sofortiger Wirkung" gekündigt. Damit
steht nicht nur die zum Jahreswechsel geplante Einweihung auf dem
Spiel. Aus der repräsentativen Moschee droht eine Bauruine zu
werden.
Jahrelang hatte die geplante Ditib-Moschee für
Diskussionen in Köln gesorgt. Heftig wetterten die
rechtsextremistische "Bürgerbewegung Pro Köln", aber auch der
Zentralrat der Ex-Muslime und der Publizist Ralph Giordano gegen das
millionenschwere Großprojekt im Stadtteil Ehrenfeld. Doch spätestens
seit dem Richtfest im Februar schien der Streit Geschichte zu sein.
Jetzt aber gibt es neuen Ärger - dieses Mal hausgemachten.
Angeblich sind es nicht näher spezifizierte
"gravierende Mängel" am Bau, ausufernde Kosten und die
Nichteinhaltung von Terminvorgaben, die die Ditib bewogen haben,
"die Notbremse zu ziehen und dem Architekturbüro Böhm mit sofortiger
Wirkung zu kündigen". In der technischen Abwicklung sei Böhm "auch
den eigenen gestalterischen und qualitativen Anforderungen nicht
mehr gerecht" geworden, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes.
Böhm hält die Vorwürfe für vorgeschoben. Die in
den Raum gestellten bautechnischen Probleme hätten "sich nicht in
einem unüblichen Rahmen bewegt", erwidert er. "Vielmehr dürften
kulturpolitische und finanzielle Erwägungen eine Rolle gespielt
haben." Der preisgekrönte Architekt sieht den Konflikt in einem
Wechsel an der Ditib-Spitze begründet und spricht von einer massiven
Erschütterung des Vertrauensverhältnisses. So habe mit dem
Vorstandswechsel ein Austausch sämtlicher an dem Projekt beteiligten
Mitarbeiter der Ditib stattgefunden. Außerdem würden Entscheidungen
nicht getroffen und die Zahlung von fälligen Vergütungen verweigert,
kritisiert der Spross einer Kirchenbaumeisterdynastie.
Tatsächlich hat es von der Öffentlichkeit
weitgehend unbemerkt einen tief greifenden personellen Umbruch in
der Ditib gegeben. Im August vergangenen Jahres wurde der
Botschaftsrat der Türkei für religiöse Angelegenheiten Ali Dere als
neuer Vorstandsvorsitzender eingesetzt. Damit wurde der formal
eigenständige Dachverband, dem nach eigenen Angaben bundesweit mehr
als 890 Mitgliedsvereine angehören, wieder stärker von der
türkischen AKP-Regierung an die Kandare genommen. Dere arbeitete vor
seinem Ditib-Engagement im Amt für religiöse Angelegenheiten
(Diyanet) in der Türkei. Als Abteilungsleiter für Außenbeziehungen
war er auch für die Entsendung von Imamen nach Westeuropa
verantwortlich.
Auch die restliche Ditib-Führungsmannschaft
wurde beinahe komplett ausgewechselt. Damit verbunden ist ein
deutlich gesunkenes Interesse an Kooperation. So erfuhren die
Mitglieder des Moscheebeirats, dem unter anderem Kölns
Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) angehört, erst aus der Zeitung
von der fristlosen Kündigung Böhms. Aus gutem Grund: Die neuen
Ditib-Herren möchten es traditionalistischer als geplant.
Von "sehr starken Divergenzen vor allem über die
Gestaltung der Fassaden und den Innenausbau" spricht Böhm. Der
jetzige Vorstand hätte "völlig andere Vorstellungen - nicht nur
ästhetisch, sondern auch politisch und ideologisch". Er warnt: "Ohne
meine Zustimmung stellt jede Veränderung innen wie außen eine
Verletzung meines Urheberrechts dar." Daran ändere auch die
Kündigung nichts. Es droht ein langer Rechtsstreit.
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