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04/2012

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  Warum das Volk warten muss
Von Pascal Beucker

Der Start von Volks-TV, Helmut Thomas bundesweitem Mantelprogramm für Regionalsender, verzögert sich. Es hapert an Finanzierung und Inhalten.

Noch gibt es nicht viel mehr als eine wenig aussagekräftige Seite im Internet. "Dein Fernseher wird nie wieder derselbe sein", tönt es auf der Homepage von Volks-TV, dem neuen Projekt des früheren RTL-Chefs Helmut Thoma. Das ist alles. Auch das Ende Februar auf den Astra-Satelliten aufgeschaltete Sendesignal verrät nicht mehr. Wann und vor allem mit welchen konkreten Inhalten das geplante bundesweite Mantelprogramm für die nahe an der Bedeutungslosigkeit operierenden Stadt- und Regionalsender startet, bleibt nebulös. "Es gibt viele Gerüchte, aber nichts Konkretes – und vor allem wenig Geld", berichtet ein Insider.

Nach den Planungen von Thoma und seinem Geschäftspartner, dem umtriebigen Bonner Medienunternehmer Helmut Keiser, soll Volks-TV künftig die privaten Ballungsraumsender tv.berlin, Hamburg 1, NRW.TV, Rhein-Main TV und bw family.tv mit einem 16- bis 18-stündigen Rahmenprogramm beliefern. Gedacht ist an ein irgendwie jugendorientiertes "Dialog-Fernsehen" mit interaktiven Elementen – und möglichst niedrigen Kosten. Es soll in denselben Bürocontainern produziert werden wie NRW.TV. Aufgestellt auf einem Parkplatz im Düsseldorfer Medienhafen, dienen die der Deutschen Fernsehnachrichten Agentur (DFA) als Studios. Dort geht allerdings bisher alles seinen gewohnten Gang. "Es gibt keinerlei Ansagen", sagt ein Mitarbeiter.

Ursprünglich sollte das Volks-TV bereits Anfang des Jahres auf Sendung gehen. Inzwischen spricht Thoma nur noch von einem "Softstart" im April. Mit dem kompletten Angebot sei erst im Herbst zu rechnen. Das Problem: Auch Billigfernsehen kostet Geld. Seit Sommer 2011 sind Thoma und Keiser auf der Suche nach potenten Investoren, Werbepartnern und Sponsoren für ihr "Spartenprogramm mit Schwerpunkt Entertainment und Education".

Eigentlich sollte bis Februar die Finanzierung stehen. Aber das hat nicht geklappt. Zwar sei mittlerweile eine "größere Summe" zusammengekommen, heißt es. Aber die bisher eingesammelten Geldzusagen reichten nicht, um den kalkulierten Finanzbedarf von 30 Millionen Euro für die ersten zwei Jahre zu decken.

Es gibt noch eine weitere Schwierigkeit: Nach dem Konzept von Volks-TV sollen die Partnersender künftig nur noch die "Kernsendezeit" am frühen Vormittag und am Vorabend eigenständig bestreiten – was als Minimum gilt, um ihre Sendelizenzen nicht zu gefährden. Die restliche Zeit soll mit dem Mantelprogramm von Volks-TV gefüllt werden. Allerdings sind einige Sender derzeit noch vertraglich an andere Zulieferer gebunden.

Wieder Kurzarbeit bei NRW.TV

Beispiel NRW.TV: Der chronisch klamme landesweite Privatfernsehsender, der im selben Gebäude residiert wie die Volks.TV Verwaltungs GmbH von Thoma und Keiser, verkauft derzeit einen Großteil seiner Sendezeit an Fremdanbieter. So beschert NRW.TV, an dem gegenwärtig noch die WAZ-Mediengruppe mit 24,9 Prozent beteiligt ist, seinen Zuschauern neben wenigen Eigenproduktionen und etlichen Stunden Teleshopping auch noch Formate des österreichischen Servus TV der Red Bull Media House GmbH oder des vom Kreml finanzierten englischsprachigen Fernsehsenders Russia Today. "Highlight" des Programms ist die täglich ausgestrahlte Propagandasendung Lai Kan Ba – Die Chinesische Stunde der Deutsch-Chinesischen Medien GmbH, die mit Beiträgen bestückt wird, die bereits im chinesischen Fernsehen ausgestrahlt worden sind.

Wenn solche Fremdprogramme künftig wegfallen, müssen die fehlenden Einnahmen zwangsläufig kompensiert werden, um NRW.TV am Leben halten zu können. Dabei reicht es schon jetzt hinten und vorne nicht: Seit Anfang April wird bei dem kleinen Düsseldorfer Sender mal wieder kurzgearbeitet.

Auch andere private Regionalsender steigern ihre Einnahmen mit Fremdprogrammen. Ein Wegfall dieser Finanzquelle dürfte den Geldbedarf des Volks-TV noch mal deutlich erhöhen.


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