01.02.2012

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taz

  Alice Schwarzer hofft vergeblich
Von Pascal Beucker

FRAUENMEDIATURM "Emma"-Chefin beklagt sich über fehlende Unterstützung für ihr Prestigeprojekt.

Früher war alles besser. "Mein Gesprächspartner war immer der Ministerpräsident", ärgert sich Alice Schwarzer. Ob Wolfgang Clement, Peer Steinbrück oder Jürgen Rüttgers, stets hätten sie ein offenes Ohr für die Anliegen der Emma-Herausgeberin gehabt. Doch ausgerechnet die erste Frau an der Spitze Nordrhein-Westfalens lasse sie einfach abblitzen. Etliche Briefe habe sie an Hannelore Kraft geschrieben, um die Kürzungen des Landes beim FrauenMediaTurm (FMT) auf Chefinnenebene vom Tisch zu kriegen. Nie habe Kraft persönlich geantwortet. Obwohl sie die "eigentliche Ansprechpartnerin" sei.

Schwarzer beklagt sich, weil die drei Ministerien für Emanzipation, Kultur und Wissenschaft ihre Förderung des FMT von 210.000 auf 70.000 Euro gekürzt hätten. Sie sieht dadurch ihr Projekt in Gefahr, das ein weltweit einzigartiges Archiv für Frauenfragen sei.

Als Strippenzieher im Hintergrund vermutet Schwarzer die Grünen. Von einer "Gegnerschaft, die uns verfolgt", spricht die Vorstandsvorsitzende der Trägerstiftung. Deswegen sei ihr auch klar gewesen, dass sie die grüne Landesemanzipationsministerin Barbara Steffens nicht davon würde abbringen können, den Rotstift an dem 1994 eröffneten Archiv und Dokumentationszentrum anzusetzen. Steffens hatte bereits Anfang vergangenen Jahres das Zentrum, in dem auch Schwarzers Emma-Redaktion ihr Quartier hat, in ihrem Ressort auf null gesetzt.

Aber Schwarzer setzte ihre Hoffnungen auf SPD-Frau Kraft. Sie habe damit gerechnet, mit ihr "über eine Kompensation verhandeln" zu können. Ein Irrtum. Stattdessen haben nun auch noch Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) und Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) ihre Zuschüsse halbiert.

Alle Appelle Schwarzers, die 2008 von der schwarz-gelben Vorgängerregierung veranlasste Förderung wiederaufzunehmen, dürften verpuffen. "Trotz aller Wertschätzung für die großen Verdienste von Alice Schwarzer muss die Landesregierung aufgrund der schwierigen Haushaltslage sparen und auch die Verhältnismäßigkeit der Fördermittel für den FrauenMediaTurm zu anderen Frauenprojekten wahren", argumentiert die Staatskanzlei. Gelassen reagierte der grüne Landesvorsitzende Sven Lehmann. "Ich gehe davon aus, dass es Frau Schwarzer wesentlich leichter gelingen wird, Fördermittel zu werben, als Frauenhäusern, die von der Schließung bedroht sind", sagte er.


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