IM NAMEN DES VOLKES
Die Duisburger stimmten für eine Abwahl des Oberbürgermeisters Adolf
Sauerland. Er hatte sich nach dem Loveparade-Unglück geweigert
zurückzutreten.
Der Spuk ist vorbei, die Ära Adolf Sauerland
beendet. Die Duisburgerinnen und Duisburger haben einen
Schlussstrich unter das erbärmliche Treiben ihres Oberbürgermeisters
gezogen. Die Hürde beim Bürgerentscheid am Sonntag war hoch. Sie
wurde übersprungen.
129.833 Menschen haben sich für die Abwahl
Sauerlands entschieden - weit mehr als nötig. Und auch weit mehr,
als ihn einst ins Amt wählten. Bei der Kommunalwahl 2009 erhielt der
Christdemokrat 74.179 Stimmen, nun sprachen sich nur noch 21.557
Wahlberechtigte für ihn aus. Es ist ein Sieg für die politische
Kultur in der Bundesrepublik. Und es ist ein großer Erfolg für die
Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg", die sich nicht mit
Sauerlands Verantwortungslosigkeit nach der Loveparade abfinden
wollte.
Mit Propagandatricks hat die CDU bis zum Schluss
versucht, ihren Parteifreund im Amt zu halten. Sie diffamierte die
Initiative als "Mogelpackung", hinter der sich SPD und Linkspartei
verbergen würden, und warnte vor der Rückkehr zu vermeintlich "alten
sozialistischen Zeiten". Doch so dumm, wie die Union die
DuisburgerInnen verkaufen wollte, sind sie nicht.
Die CDU hatte sich nicht getraut, mit einer
offensiven Kampagne für ihren Frontmann zu werben. Sie klebte kein
Plakat mit seinem Konterfei.
Seine Partei wusste nur allzu genau: Es wäre ein
aussichtsloses Unterfangen gewesen, für Sauerland zu kämpfen.
Stattdessen setzte sie auf die traditionelle Wahlmüdigkeit der
DuisburgerInnen. Wie Sauerland schon mithilfe derjenigen zum
Oberbürgermeister gewählt wurde, denen es egal war, wer die
Geschicke der Stadt lenkt, so sollte er auch jetzt dank ihrer
Urnenabstinenz weiterregieren können. Wer schweigt, stimmt zu -
dieses demokratiefeindliche Kalkül ist zum Glück nicht aufgegangen.
Sauerland selbst beschränkte seinen Wahlkampf auf
jene Bevölkerungsgruppe, bei der er noch nicht unten durch zu sein
hoffte: die türkischstämmige Community. Während er sich sonst für
die Medien rar machte, warb der Christdemokrat in den deutschen
Ausgaben türkischer Massenblätter um Stimmen. Ganz so, als ließe
sich sein Einsatz für den Bau der Moschee in Marxloh gegen die Toten
der Loveparade aufrechnen. Es war der perfide Versuch, die
DuisburgerInnen nichtdeutscher Herkunft für den eigenen Machterhalt
zu instrumentalisieren.
Diese integrationsfeindliche Strategie Sauerlands
ist ebenfalls gescheitert. Die Schlagzeile der Hürriyet
hat sich nicht bewahrheitet: "Sein Schicksal ist an die türkischen
Wähler gebunden." Ihre Stimmen haben ihn nicht gerettet. Ob mit oder
ohne Migrationshintergrund: Duisburg will Adolf Sauerland nicht
mehr.
Die juristische Verantwortung für die 21 Toten
und mehr als 500 Verletzten auf der Loveparade festzustellen wird
Sache der Gerichte sein. Das kann noch Jahre dauern. Dass sich Adolf
Sauerland jedoch über eineinhalb Jahre beharrlich und mit immer
peinlicheren Windungen und Wendungen geweigert hat, die
politisch-moralische Verantwortung für die Katastrophe zu
übernehmen, hat die Menschen in der alten Stahl- und Arbeiterstadt
zu Recht wütend gemacht.
Auch noch nach seiner Abwahl dokumentierte
Sauerland, dass er nichts begriffen hat. "Ich war mir ziemlich
sicher, dass bei diesen vielen Erfolgen, die wir in den letzten acht
Jahren hier in Duisburg erzielt haben, das Abstimmungsergebnis
anders sein wird", sagte er am Sonntagabend. Es ist die Tragik eines
Mannes, dem Historisches gelungen ist. Als sich der rhetorisch
begrenzte Oberstudienrat 2004 das erste Mal um das Amt des OB in
seiner Heimatstadt bewarb, hätte niemand auf ihn gesetzt. Ein
Christdemokrat an der Spitze dieser durch und durch
sozialdemokratischen Stadt, das hatte es seit 1948 nicht gegeben.
Aber Sauerland schaffte das Undenkbare, wurde fünf Jahre später
sogar wiedergewählt. Er war beliebt. Das ist nun Geschichte.
Sauerland wird in die Annalen eingehen - jedoch ganz anders, als er
sich das vorgestellt hatte.
Jetzt hat Adolf Sauerland für sein Verhalten die
verdiente Quittung erhalten. Es ist vorbei. Endlich!
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