14.02.2012

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taz

 Es ist vorbei. Endlich
Von Pascal Beucker

IM NAMEN DES VOLKES Die Duisburger stimmten für eine Abwahl des Oberbürgermeisters Adolf Sauerland. Er hatte sich nach dem Loveparade-Unglück geweigert zurückzutreten.

Adolf SauerlandDer Spuk ist vorbei, die Ära Adolf Sauerland beendet. Die Duisburgerinnen und Duisburger haben einen Schlussstrich unter das erbärmliche Treiben ihres Oberbürgermeisters gezogen. Die Hürde beim Bürgerentscheid am Sonntag war hoch. Sie wurde übersprungen.

129.833 Menschen haben sich für die Abwahl Sauerlands entschieden - weit mehr als nötig. Und auch weit mehr, als ihn einst ins Amt wählten. Bei der Kommunalwahl 2009 erhielt der Christdemokrat 74.179 Stimmen, nun sprachen sich nur noch 21.557 Wahlberechtigte für ihn aus. Es ist ein Sieg für die politische Kultur in der Bundesrepublik. Und es ist ein großer Erfolg für die Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg", die sich nicht mit Sauerlands Verantwortungslosigkeit nach der Loveparade abfinden wollte.

Mit Propagandatricks hat die CDU bis zum Schluss versucht, ihren Parteifreund im Amt zu halten. Sie diffamierte die Initiative als "Mogelpackung", hinter der sich SPD und Linkspartei verbergen würden, und warnte vor der Rückkehr zu vermeintlich "alten sozialistischen Zeiten". Doch so dumm, wie die Union die DuisburgerInnen verkaufen wollte, sind sie nicht.

Die CDU hatte sich nicht getraut, mit einer offensiven Kampagne für ihren Frontmann zu werben. Sie klebte kein Plakat mit seinem Konterfei.

Seine Partei wusste nur allzu genau: Es wäre ein aussichtsloses Unterfangen gewesen, für Sauerland zu kämpfen. Stattdessen setzte sie auf die traditionelle Wahlmüdigkeit der DuisburgerInnen. Wie Sauerland schon mithilfe derjenigen zum Oberbürgermeister gewählt wurde, denen es egal war, wer die Geschicke der Stadt lenkt, so sollte er auch jetzt dank ihrer Urnenabstinenz weiterregieren können. Wer schweigt, stimmt zu - dieses demokratiefeindliche Kalkül ist zum Glück nicht aufgegangen.

Sauerland selbst beschränkte seinen Wahlkampf auf jene Bevölkerungsgruppe, bei der er noch nicht unten durch zu sein hoffte: die türkischstämmige Community. Während er sich sonst für die Medien rar machte, warb der Christdemokrat in den deutschen Ausgaben türkischer Massenblätter um Stimmen. Ganz so, als ließe sich sein Einsatz für den Bau der Moschee in Marxloh gegen die Toten der Loveparade aufrechnen. Es war der perfide Versuch, die DuisburgerInnen nichtdeutscher Herkunft für den eigenen Machterhalt zu instrumentalisieren.

Diese integrationsfeindliche Strategie Sauerlands ist ebenfalls gescheitert. Die Schlagzeile der Hürriyet hat sich nicht bewahrheitet: "Sein Schicksal ist an die türkischen Wähler gebunden." Ihre Stimmen haben ihn nicht gerettet. Ob mit oder ohne Migrationshintergrund: Duisburg will Adolf Sauerland nicht mehr.

Die juristische Verantwortung für die 21 Toten und mehr als 500 Verletzten auf der Loveparade festzustellen wird Sache der Gerichte sein. Das kann noch Jahre dauern. Dass sich Adolf Sauerland jedoch über eineinhalb Jahre beharrlich und mit immer peinlicheren Windungen und Wendungen geweigert hat, die politisch-moralische Verantwortung für die Katastrophe zu übernehmen, hat die Menschen in der alten Stahl- und Arbeiterstadt zu Recht wütend gemacht.

Auch noch nach seiner Abwahl dokumentierte Sauerland, dass er nichts begriffen hat. "Ich war mir ziemlich sicher, dass bei diesen vielen Erfolgen, die wir in den letzten acht Jahren hier in Duisburg erzielt haben, das Abstimmungsergebnis anders sein wird", sagte er am Sonntagabend. Es ist die Tragik eines Mannes, dem Historisches gelungen ist. Als sich der rhetorisch begrenzte Oberstudienrat 2004 das erste Mal um das Amt des OB in seiner Heimatstadt bewarb, hätte niemand auf ihn gesetzt. Ein Christdemokrat an der Spitze dieser durch und durch sozialdemokratischen Stadt, das hatte es seit 1948 nicht gegeben. Aber Sauerland schaffte das Undenkbare, wurde fünf Jahre später sogar wiedergewählt. Er war beliebt. Das ist nun Geschichte. Sauerland wird in die Annalen eingehen - jedoch ganz anders, als er sich das vorgestellt hatte.

Jetzt hat Adolf Sauerland für sein Verhalten die verdiente Quittung erhalten. Es ist vorbei. Endlich!


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