14.02.2012 |
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Sauerlands mühsamer Abgang |
Von Pascal Beucker und Andreas Wyputta |
LOVEPARADE Die Duisburger haben ihren Oberbürgermeister Adolf Sauerland aus dem Amt getrieben. Jetzt wittern die lange allein regierenden Sozialdemokraten ihre Chance. Der Jubel ist riesig, als Duisburgs grüner
Stadtdirektor Peter Greulich um 19.38 Uhr am Sonntag den befreienden
Satz sagt: "Mit Ja haben 129.833 gestimmt." Die Gegner des
CDU-Oberbürgermeisters feiern einen bombastischen Erfolg. Aus dem
Amt getrieben haben Adolf Sauerland rund 50.000 Bürger mehr, als ihn
überhaupt gewählt haben. Mit 74.179 Stimmen war der Christdemokrat
im August 2009 im Amt bestätigt worden. Jetzt stimmten nur noch
21.557 Wähler gegen seine Abwahl. Dabei waren auch Sauerlands Gegner bis zuletzt
unsicher: Erst um kurz nach sieben war durchgesickert, dass die
nötigen Stimmen wohl zusammenkommen -der OB selbst hatte lange auf
die politische Trägheit der Duisburger gesetzt und war zusammen mit
seiner CDU noch wenige Tage vor dem Bürgerentscheid auf eine
Rote-Socken-Kampagne umgeschwenkt, die die überparteiliche
Abwahlinitiative "Neuanfang für Duisburg" als angebliche
"Mogelpackung" von SPD und Linkspartei brandmarken sollte.
Doch auch eineinhalb Jahre nach der Loveparade
haben die Bürger nicht vergessen, dass Sauerland das
Technospektakel, bei dem 21 Menschen starben und mehr als 500
verletzt wurden, um jeden Preis in der Stadt haben wollte. Und sie
haben ihm nicht verziehen, dass er sich nach der Katastrophe für
nichts und niemanden verantwortlich fühlte. Dass der bullige Kinnbartträger dann auch noch
die Opferrolle für sich selbst reklamierte, verstanden die Bürger
als eine Verhöhnung der Toten. Es gab zwar keine
Massendemonstrationen gegen den rücktrittsrenitenten OB vergleichbar
mit den großen Protesten gegen Stuttgart 21. Aber es war eine stille
Trauer und Wut, die sich an der Wahlurne artikuliert hat. Im Rathaus steht Theo Steegmann, der Sprecher von
"Neuanfang für Duisburg", zusammen mit seinen Mitstreitern im
Blitzlichtgewitter. Eine Wand von Fotoapparaten, Fernsehkameras und
Mikrofonen umringt die Gegner Sauerlands. "Sehr erleichtert, sehr
froh" sei er, dass nun endlich "ein Schlussstrich unter die
vermeidbare Katastrophe" der Loveparade gezogen werden könne, sagt
Steegmann. Die Duisburger hätten ein Zeichen gesetzt, dass sie die
politische Verantwortung für das Desaster übernehmen wollten - und
das werde bestimmt "in der ganzen Republik anerkannt". Aber
Steegmann sagt auch: "Menschlich tut der Mann mir leid." Um kurz nach acht lässt sich Sauerland blicken.
"Ich bedauere sehr, dass es bei dieser Abstimmung zu so einem
Ergebnis gekommen ist", sagt er mit Tränen in den Augen und
verspricht, "das Votum" zu akzeptieren. Pathetisch schließt er:
"Gott schütze die Stadt Duisburg." Viele trauen der SPD nicht, die vor der
überraschenden Wahl Sauerlands 2004 über 50 Jahre lang
ununterbrochen in Duisburg regiert hatte. So streuen denn auch die
Genossen von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) bereits über die
Lokalzeitungen des WAZ-Konzerns Namen für mögliche Nachfolger
Sauerlands: Genannt werden da etwa die SPD-Bundestagsabgeordnete
Bärbel Bas oder der SPD-Landtagsabgeordnete Sören Link. Obwohl er selbst Mitglied in der SPD ist, geht
das für Steegmann zu schnell. Um die gespaltene Stadt zu versöhnen,
werde ein "parteiübergreifender Kandidat" gebraucht, glaubt der
56-Jährige. "Charme hätte auch ein Kandidat von außerhalb", sagt der
Gewerkschafter, der seit dem Kampf gegen die Schließung des
Rheinhausener Krupp-Hüttenwerks Ende der achtziger Jahre eine
Legende in der Stadt ist. Einen Namen nennt er nicht. Gewählt werden
soll noch vor der Sommerpause. Bis dahin übernehmen Stadtdirektor
Greulich und der ehrenamtliche CDU-Bürgermeister Benno Lensdorf die
Amtsgeschäfte im Rathaus. "Unsere Initiative wird nicht aufgelöst, wir
machen weiter", verspricht Steegmann. Nicht nur mit
"Wahlprüfsteinen" werde sein Bündnis für mehr Transparenz in
Duisburgs Lokalpolitik sorgen - etwa beim Korruptionsskandal um das
in Duisburg entstehende neue Landesarchiv, in den laut
Staatsanwaltschaft auch Ex-OB Sauerland verwickelt ist, oder beim
geplanten Abriss einer Wohnsiedlung im Duisburger Norden, wo gegen
den Willen der Anwohner ein Outlet-Center entstehen soll. |
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