09.05.2012

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taz

 Polizei macht Peace mit Salafisten
Von Pascal Beucker

EXTREMISMUS Anders als befürchtet, kam es in Köln nicht zu Ausschreitungen von Islamisten.

Mit einem massiven Aufgebot hat die Polizei erneute Ausschreitungen von Salafisten gegen eine islamfeindliche Aktion der rechtsextremen Partei "Pro NRW" verhindert. Statt befürchteter Straßenschlachten in der Nähe der im Bau befindlichen Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld blieb es am Dienstag friedlich.

Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger (SPD) waren rund 1.000 Polizisten vor Ort, um möglichen Gewaltausbrüchen vorzubeugen. Die Beamten patrouillierten und kontrollierten weitläufig. Zehn Salafisten nahm die Polizei vorläufig fest, noch bevor sie den Versammlungsort erreichen konnten. Bei einigen der islamistischen Hooligans wurden unter anderem Messer, Eisenstangen und Tierabwehrspray sichergestellt. Zwei weitere Personen wurden wegen des Verdachts des illegalen Aufenthalts festgenommen.

Letztlich schafften es nur etwa fünfzig Anhänger der salafistischen Strömung, in die Nähe der Kundgebung von "Pro NRW" zu kommen - allerdings nicht nah genug, um auch nur ein Wort der rechten Hetze zu verstehen oder irgendeine Mohammed-Karikatur zu sehen. Mangels Alternativen blieben sie friedlich, versammelten sich zum Abschluss im Kreis und hörten noch eine kurze Ansprache des jungen Salafisten-Predigers Abu Abdullah. Nach ein paar "Allahu Akbar"-Rufen trollten sie sich.

In den vergangenen Tagen war es zuvor zwei Mal zu heftigen Ausschreitungen gekommen, nachdem "Pro NRW" provokativ die berühmt-berüchtigte Mohammed-Karikatur von Kurt Westergaard gezeigt hatte. In Solingen griffen 80 Salafisten eine Polizeikette an, in Bonn randalierten mehrere hundert militante Islamisten, warfen Steine und sogar Gullydeckel. 29 Polizisten wurden verletzt, zwei durch Messerstiche schwer. Dem Angreifer wirft die Staatsanwaltschaft versuchten Mord vor.

Auslöser der Gewaltexzesse war eine Wahlkampftour von "Pro NRW". Die selbst ernannte "Bürgerbewegung" war quer durch NRW gereist, um vor Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen antiislamische Karikaturen zu zeigen. Das selbst gesetzte Ziel: "maximale Provokation", die "bis an die Schmerzgrenze gehen" sollte, wie es der "Pro NRW"-Chef Markus Beisicht formulierte. Das Innenministerium hatte versucht, den Islamhassern das Zeigen der Karikaturen zu verbieten, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Doch auch für die Kölner Veranstaltung hob am Dienstag ein Gericht im Eilverfahren die Verbotsverfügung wieder auf.

Im Vorfeld der Kundgebung in der Domstadt hatten Salafisten erneut in Internetforen, über soziale Netzwerke und Videoplattformen massiv mobilisiert und zur Gewalt aufgerufen, sollte "Pro NRW" wieder eine Mohammed-Karikatur zeigen. "Wenn sie dieses Bild zeigen, zerfetzt sie", hieß es einem Facebook-Aufruf.

Doch diesmal hatten sie keine Chance. In der Mehrheit waren am Dienstag ohnehin weder die militanten Islamisten noch die etwa 30 Rechtsextremen, sondern das örtliche "Bündnis gegen rechts", das mit mehreren hundert Menschen für ein friedliches Zusammenleben demonstrierte. "Pro NRW" plant in nächster Zeit keine weiteren Aktionen, damit ist der Spuk vorerst vorbei.


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