05.07.2012 |
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Muslime fordern Beschneidungsgesetz |
Von Pascal Beucker |
RELIGION
Migrantenorganisationen und Muslimverbände hoffen nach einem Urteil,
das die Beschneidung von Jungen für strafbar erachtet, auf den
Gesetzgeber - und erwägen in Karlsruhe zu klagen. Als Konsequenz aus dem umstrittenen Kölner
Beschneidungsurteil fordern muslimische Verbände und türkische
Migrantenorganisationen nun Gesetzesänderungen. Der Bundestag solle
"schnellstmöglich" eine "gesetzlich geschützte Regelung für die
Beschneidung von Jungen" erlassen, heißt es in einer am Mittwoch in
Köln vorgestellten Erklärung. Die vom Landgericht Köln festgestellte
Strafbarkeit der Zirkumzision aus religiösen Gründen nehme
"keinerlei Rücksicht auf die seit Jahrtausenden weltweit
durchgeführte rituelle Praxis in unterschiedlichen Religionen" und
habe "alle Muslime schockiert", kritisieren die 19 Organisationen,
darunter die Türkisch-Islamische Union Ditib, der Islamrat und der
Zentralrat der Muslime. Das im Mai ergangene Urteil sei "ein
bedauerlicher Ansatz, der von einem kulturrelativistischen
Blickwinkel zeugt". Es widerspräche "grundlegend dem Ethos eines
Rechtsstaates" und schaffe "ein unzumutbares Maß an
Rechtsunsicherheit". Die Rechtsauffassung der Kölner Richter führe zu
einem nicht hinnehmbaren "massiven Eingriff in die
Religionsfreiheit", sagte der Sprecher des Koordinationsrates der
Muslime, Ali Kizilkaya. In dieser Frage würden die islamischen
Verbände mit dem Zentralrat der Juden "am gleichen Strang" ziehen.
Darüber hinaus sei die Gerichtsentscheidung "ein Rückschlag für die
Integration". Muslimische Eltern würden in einen tiefen
Gewissenskonflikt getrieben. "Wir wollen auch keinen
Beschneidungstourismus ins Ausland", warnte Kizilkaya. "Wir hoffen
und gehen davon aus, dass der Gesetzgeber handeln wird." Die muslimischen Verbände erwägen auch einen Gang
nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht. "Wir sind noch in
der Beratung, wir haben noch keine abschließende Entscheidung
getroffen", sagte Kizilkaya, der dem Islamrat vorsteht. Kinderchirurgen zufrieden Dagegen begrüßte der Internationale Bund der
Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) das Kölner Urteil. "Es war
höchste Zeit, dass die Beschneidung aus religiösen oder anderen
ideologischen Gründen endlich als das gesehen wird, was sie ist: ein
strafbarer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von wehrlosen
und ihren Eltern ausgelieferten Jungen", sagte IBKA-Sprecher Rainer
Ponitka. "Das Urteil stärkt die Rechte der Kinder vor religiösen
Übergriffen." Auch die Deutsche Gesellschaft für
Kinderchirurgie (DGKCH) nahm das Beschneidungsurteil "begrüßend zur
Kenntnis". Mit der Entscheidung werde "das Recht auf körperliche
Unversehrtheit des Kindes unterstrichen", erklärte der Vorsitzende
der Arbeitsgemeinschaft Kinderurologie der DGKCH, Maximilian Stehr,
am Mittwoch in Stuttgart. Gerade Kinderchirurgen müssten hier
strenge und klare Maßstäbe ansetzen. "Dabei geht es in keinem Fall
um die Diskriminierung von Religionsgemeinschaften, die die
Zirkumzision bei nicht einwilligungsfähigen Knaben regelhaft
praktizieren, sondern vielmehr um ärztliche Ethik", betonte Stehr. |
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