18.10.2012 |
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Den Besuchern nachspioniert |
Von Pascal Beucker |
Die Polizei in NRW ließ jahrelang die
Besucher ihrer Websites überwachen. Weitgehend erfolglos. Einen Fall
verschweigt das Innenministerium. Wer sich regelmäßig auf den Internetseiten der
Polizei an Rhein und Ruhr über Fahndungen informiert, begab sich
jahrelang in Gefahr, selbst in Verdacht zu geraten. Das geht aus
einer jetzt veröffentlichten Antwort des nordrhein-westfälischen
Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Piratenpartei hervor.
Danach bedienten sich die Polizeibehörden des Landes zwischen 2001
und 2010 mindestens 19 Mal der „Homepageüberwachung“. Immer wieder überwachte das Bundeskriminalamt im
Auftrag der Landespolizei mehrere Wochen oder Monate lang heimlich
die Zugriffe auf deren Websites - in einem Fall sogar ganze sechs
Jahre lang. Dabei wurden sämtliche Zugriffe auf die Seiten
gespeichert und ausgewertet. Bei vermeintlich auffälligen Zugriffen
wurden dann die Anschlussinhaber hinter den jeweiligen IP-Adressen
ermittelt. Dahinter steht die Annahme, dass insbesondere die
gesuchte Person an Informationen über die Fahndung nach ihr
interessiert ist und deshalb die sie betreffende Webseite besonders
häufig aufruft. Allerdings ist die Erfolgsquote äußerst gering:
Nach Angaben von NRW-Innenminister Ralf Jäger liegen gerademal in
einem einzigen Fall „nachvollziehbare Erkenntnisse vor, wonach
Hinweise aus dieser Maßnahme in Kombination mit anderen Spuren zur
Identifizierung und Festnahme von zwei Tätern führten“. Unschuldige „in Verdacht geraten“ Doch nicht nur deswegen ist die
Homepageüberwachung hoch umstritten. Für „völlig rechtswidrig“ hält
sie der Bochumer Landtagsabgeordnete Dirk Schatz von der
Piratenpartei. Der Einsatz dieses Instruments führe dazu, „dass eine
Masse von Leuten, die völlig unschuldig sind, in Verdacht geraten“,
sagte der Polizist außer Dienst der taz. Auch die Bundesministerien der Justiz und des
Inneren haben mittlerweile Bedenken. Die Homepageüberwachung führe
„zu einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung“, heißt es in einem Schreiben des
Justizministeriums vom Februar 2009 an die Landesjustizverwaltungen.
Darüber hinaus erscheine auch das Grundrecht „sich aus allgemein
zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, beeinträchtigt“. Deshalb habe das Bundesinnenministerium „das
Unterlassen von Maßnahmen zur Homepageüberwachung veranlasst“. Nach
eigenen Angaben hat das Bundeskriminalamt seitdem keine
Homepageüberwachung mehr durchgeführt. Im April 2009 wies auch das
nordrhein-westfälische Innenministerium die Polizeibehörden des
Landes an, diese Maßnahme nicht mehr von sich aus anzuwenden.
Verzichten wollten die Ermittler jedoch auf das fragwürdige
Instrument offenkundig trotzdem nicht. In einem Mordfall führte das
Polizeipräsidium Mönchengladbach noch im Jahr 2010 eine
Homepageüberwachung durch, abgesichert durch eine Anordnung des
Amtsgerichts Krefeld. Von einer „ganz klaren Fehlentscheidung des
Gerichts“, spricht der Piratenparteiler Schatz. Ein Fall fehlt Unklar ist, ob es wirklich „nur“ insgesamt 19
Homepageüberwachungen in Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Denn die
Auskunft, die das Landesinnenministerium in dieser Woche auf die
Kleine Anfrage von Schatz erteilte, weicht in einem Punkt von der
Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Frage des
Aachener Linkspartei-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko ab. Mitte September hatte das Bundesinnenministerium
Hunko mitgeteilt, dass das Bundeskriminalamt zwischen 2001 und 2008
in 38 Fällen Besucher seiner Webseite bka.de überwacht hat. Außerdem
habe das BKA in weiteren 130 Fällen Länderdienststellen bei
Homepageüberwachungen unterstützt. Darüber hinaus habe die
Bundespolizei 2006 der Polizei in Nordrhein-Westfalen und der
zuständigen Staatsanwaltschaft „eine Webseite mit einer
Öffentlichkeitsfahndung innerhalb der Bundespolizeiinternetpräsenz
zur Verfügung gestellt“. Hier erfolgte die Überwachung „jedoch nicht
durch die Bundespolizei, sondern lag in der Zuständigkeit des
Polizeipräsidiums Essen“. In der Aufstellung des NRW-Innenministeriums taucht diese Homepageüberwachung allerdings nicht auf. Für den Piraten Schatz „ein Widerspruch, der aufgeklärt werden muss“. Er will deswegen jetzt noch mal nachhaken. |
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