10.11.2012 |
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Diskriminieren mit Gottes Segen |
Von Pascal Beucker |
SOZIALES Ob
Kitaleiterin oder Putzkraft: Wem es am rechten Glauben fehlt, fällt
bei kirchlichen Arbeitgebern laut neuer Studie durch Der Fall erregte überregional Aufsehen: Wegen
"Verletzung der Loyalitätspflicht" feuerte die katholische Kirche
Anfang des Jahres die Leiterin eines von ihr mit staatlichen Mitteln
betriebenen Kindergartens im rheinischen Königswinter. Das
"Vergehen" der 47-Jährigen: Sie hatte sich von ihrem Ehemann
getrennt und einen neuen Lebensgefährten gefunden. Der
Kirchenvorstand begründete die Entscheidung so: "Ihr Einzug bei
ihrem neuen Partner ist ein öffentliches Ärgernis." Überkommene Moralvorstellungen als
Beschäftigungskriterium? Bei den beiden großen christlichen Kirchen
ist das üblich, wie eine am Freitag veröffentlichte Studie belegt.
In ihrer 79-seitigen Untersuchung beschäftigt sich die Berliner
Diplompolitologin Corinna Gekeler anhand zahlreicher Einzelfälle mit
Auswirkungen kirchlicher Sonderrechte. "Die Kirchen setzen sich über
die Menschenrechte auf Glaubens- und Gewissensfreiheit und auf
Privatleben hinweg", bilanziert Gekeler. "Und die Politik schaut zu,
statt die Beschäftigten vor Diskriminierung zu schützen." Nach dem öffentlichen Dienst sind die katholische
und die evangelische Kirche zusammen der zweitgrößte Arbeitgeber in
der Bundesrepublik. Rund 1,3 Millionen Menschen arbeiten bei
kirchlichen Trägern wie Caritas oder Diakonie. Kirchliche
Einrichtungen bestimmen weite Teile des Ausbildungs- und
Arbeitsmarkts im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich. Doch wer
in kirchlichen Sozialeinrichtungen beschäftigt sein will, muss nicht
nur auf das Recht auf Religionsfreiheit verzichten, sondern auch das
Privatleben nach den Vorstellungen der Kirche ausrichten. Ob
Pfleger, Erzieherin, Lehrer, Ärztin oder Hausmeister: Wem es am
rechten Glauben fehlt, hat Pech gehabt. Da kann es auch schon mal passieren, dass eine
Angehörige der Religionsgemeinschaft der Sikh zwar als
1-Euro-Jobberin in einem evangelischen Kindergarten in Stade putzen
darf - nicht jedoch als Festangestellte. Denn für die würden andere
Maßstäbe gelten: "Wie andere Unternehmen auch", wolle die Kirche,
"dass alle Mitarbeitenden unserer Einrichtungen die Ziele und den
Auftrag unseres Unternehmens vertreten", erläuterte
Oberlandeskirchenrat Christoph Künkel, Abteilungsleiter Diakonie der
Landeskirche Hannover, dem ARD-Politmagazin "Panorama". Allerdings könnten es sich andere Unternehmen gar
nicht leisten, eine Arbeitnehmerin wegen ihrer
Religionszugehörigkeit abzulehnen. Denn das wäre ein Verstoß gegen
das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dessen Ziel es ist,
"Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen
Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer
Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern
oder zu beseitigen". Doch für Religionsgemeinschaften gilt das AGG
ebenso wenig wie das Betriebsverfassungsgesetz, weswegen es in
kirchlichen Einrichtungen auch keine Betriebsräte und kein
Streikrecht gibt. Diese Sonderrechte müssten endlich abgeschafft
werden, fordert der Internationale Bund der Konfessionslosen und
Atheisten (IBKA). In Königswinter entzog nach heftigen Elternprotesten die Stadt übrigens der katholischen Kirche die Trägerschaft für den Kindergarten. Die gekündigte Kindergartenleiterin blieb hingegen auf ihrem Posten. |
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