21.11.2013 |
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Von Pascal Beucker |
Die SPD arbeitet eifrig an ihrer
Etablierung als Juniorpartner. Die Messe ist gelesen, die Große Koalition kann kommen. Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag in Leipzig den Weg frei gemacht für den Eintritt in die gemeinsame Regierung mit der Union. Nun gibt es noch etwas Theaterdonner bei den Verhandlungen mit CDU und CSU, damit beim Mitgliederentscheid Anfang Dezember alles glatt geht. Es ist ein inszenierter Streit. Mit dem obligatorischen Magengrummeln fügen sich die Genossen ihrem Schicksal. Die Delegierten haben sich bei den
Vorstandswahlen etwas ihr Mütchen gekühlt. Aber der Aufstand
blieb aus. Mit Revolutionen hatte die Partei noch nie viel
im Sinn. Nach der dritten Bundestagswahlniederlage in Folge
changiert die SPD zwischen Kraftmeierei und kollektiver
Niedergeschlagenheit. Mit 25,7 Prozent stehen die
Sozialdemokraten schlechter da als vor jenem legendären
Godesberger Parteitag 1959, auf dem sie ihren
programmatischen Abschied vom Marxismus nahmen. Damals
wollte die SPD nicht mehr Arbeiterpartei sein, mittlerweile
ist sie es nicht mehr: Weit mehr Arbeiter wählen heutzutage
CDU und CSU. Wenn sie überhaupt noch wählen gehen. Ausgerechnet in einer Großen Koalition mit der Union hofft der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel auf eine Trendumkehr. Es ist ein riskantes Spiel, wie seinem neugewählten Stellvertreter Thorsten Schäfer-Gümbel in Hessen bleibt ihm aber keine andere Wahl. Statt beherzt im Wahlkampf auf Rot-Rot-Grün zu setzen, erklärte Schäfer-Gümbel, sein Hauptinteresse sei es, die Linkspartei aus dem Landesparlament zu kegeln. Gabriel – und mit ihm die gesamte Parteispitze – schloss eine Koalition auf Bundesebene mit der Linkspartei gar definitiv aus. Wer die kleine linke Konkurrenz mehr bekämpft als die amtierende schwarz-gelbe Regierung, darf sich nicht wundern, wenn für ihn nicht mehr bleibt als die Rolle des Juniorpartners der Union. Ihr Sektierertum gegenüber der
Linkspartei hat die SPD in Leipzig zumindest formal
korrigiert. Für die beiden anstehenden Regierungsbildungen
ist das jedoch bedeutungslos. Denn die Folge ihrer
bisherigen Abgrenzungsstrategie waren Wahlergebnisse im Bund
und in Hessen, die nur theoretisch rot-rot-grüne Mehrheiten
möglich machen. Zwei Stimmen Vorsprung in Hessen und fünf
Stimmen im Bundestag würden bei einer solchen fragilen
Konstruktion nicht reichen. Gabriels Orientierungspunkt war
ohnehin stets die Große Koalition. Es würde ihn
intellektuell beleidigen, ihm zu unterstellen, ernsthaft an
einen Erfolg seines Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück
geglaubt zu haben. Nun führt er seine Partei in das
ungeliebte Bündnis. Zwar ist es unklar, ob Gabriel über Grundüberzeugungen verfügt, aber dafür besitzt er rhetorische Fähigkeiten wie kein Zweiter in der SPD seit dem Abgang Oskar Lafontaines. Wie der ehemalige Pop-Beauftragte den Parteitag gerockt hat, war eine Meisterleistung. Mit Pathos nutzte er kurz vor Schluss eine müde Debatte über Kommunalpolitik, um die missmutige Stimmung im Saal zu drehen: »Ganz Europa schaut auf diesen Parteitag.« Die roten Linien, die er als unabdingbar für eine Regierungsbeteiligung präsentierte – einen flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro, die abschlagsfreie Rente für Nichtakademiker nach 45 Versicherungsjahren und die doppelte Staatsbürgerschaft –, dürfte der künftige Vizekanzler längst mit Angela Merkel und Horst Seehofer unter sechs Augen vereinbart haben. Viel mehr wird für die SPD auch nicht zu holen sein. |
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