![]() 03.08.2013 |
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Von Pascal Beucker |
Ein gut inszenierter Abgang. Selten wurde eine Rücktrittsankündigung so
positiv aufgenommen wie die von Matthias Platzeck am vergangenen
Montag. Allseits wird der brandenburgische Ministerpräsident,
dessen Stern seit dem BER-Desaster nicht mehr ganz so strahlend
glänzte, in den höchsten Tönen für seine Entscheidung gelobt.
Sein "Mut" verdiene größten Respekt, war in diversen Kommentaren
zu lesen. Was dem Sozialdemokraten auf jeden Fall zugestanden
werden muss: Er hat seinen Abgang von der politischen Bühne gut
inszeniert. Wie der 59-Jährige in seiner
Rücktrittserklärung das preußische Arbeitsethos zelebrierte, war
schon beeindruckend: Er habe immer geplant und halte weiter
daran fest, bis zu seinem 70. Lebensjahr zu schuften. Leider
dürfe er aber auf ärztlichen Rat nur noch 50 Stunden malochen,
nicht mehr jene 80 Stunden, die sein Regierungsjob benötige. Ob
ihm bewusst war, dass sich das auch als Ohrfeige für jene
sozialdemokratischen Gewerkschafter lesen lässt, die sich immer
noch über die Rente mit 67 aufregen? Eine Nummer kleiner hätte es jedenfalls auch
getan. "Ich möchte ein Leben nach der Arbeit führen und nicht
mit den Füßen zuerst aus dem Rathaus getragen werden", sagte
Henning Scherf bei seinem Abtritt als Bremer Bürgermeister 2005.
Wer hätte es Platzeck nach dem Schlaganfall übel genommen, wenn
er seinen Abschied mit der gleichen Begründung angekündigt
hätte? "Die biblische Erkenntnis, dass alles seine
Zeit hat, gilt auch für Politiker", sagte Hamburgs Erster
Bürgermeister Ole von Beust in seiner Rücktrittsrede 2010.
Selbst ein gänzlich Ungläubiger kann sich dieser Einsicht nicht
verschließen. Trotzdem erkennen Politiker allzu selten, wann sie
ihren Zenit überschritten haben. Aufzuhören, bevor es zu spät
ist, daran scheitern viele. Bestes aktuelles Beispiel dafür:
Klaus Wowereit. Irgendwann kommt der Punkt, an dem nur noch der
Amtsinhaber selbst sich für unersetzbar und unfehlbar hält. Dann
wird es bitter, der Fall Helmut Kohls hat es anschaulich
gezeigt.
"Demokratie hat immer etwas mit Machtverleihung auf Zeit zu
tun", sagte Platzeck in seiner Rücktrittserklärung. Ein banaler
Satz, der trotzdem weise ist. Der Potsdamer tritt zu einem
Zeitpunkt ab, an dem sein Weggang noch weithin bedauert wird.
Seine Entscheidung ist nicht mutig, sondern schlicht vernünftig.
"Besser aufrecht abgehen als scheibchenweise fallen", brachte es
Josef Joffe in der
Zeit
auf den Punkt. |
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