06.09.2013 |
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Grünkohl statt Braunkohle |
Von Pascal Beucker |
BERGBAU
Seit zwei Wochen kampieren Aktivisten im Hambacher Forst. Sie
demonstrieren gegen die Abholzung des Waldes für einen
Kohletagebau. Die Unterstützung hat gutgetan. „Das hat uns
neue Energie gegeben“, sagt die Umweltaktivistin. Seit April
kampiert die Studentin mit 20 bis 25 Gleichgesinnten auf einer
Obstwiese am Ortsrand von Morschenich im Rheinland. Sie habe ein
„Praxissemester eingelegt“, sagt die 30-Jährige, die ihren Namen
nicht in der Zeitung lesen will, verschmitzt. Manche sind schon
über eineinhalb Jahre hier, um gegen die Abholzung des Waldes an
der Tagebauabbruchkante bei Kerpen-Buir zu protestieren. Aber so
viel wie in den vergangenen vierzehn Tagen war in der Gegend
schon lange nicht mehr los. Das liegt an einem Aktionscamp auf der
anderen Seite des Hambacher Forstes, das an diesem Freitag
endet. Durch den Wald braucht man mit dem Fahrrad etwa eine
Viertelstunde, um von dem einen zum anderen Camp zu kommen.
Zwischen der seit Monaten besetzten Wiese am Hambacher Forst und
dem Klimacamp in Manheim habe es ein „reges Hin und Her“
gegeben, konstatiert ein Polizeisprecher. Auf Einladung der Initiativen AusgeCo2lt und
Reclaim the Fields tummelten sich in den vergangenen zwei Wochen
mehrere hundert KlimaaktivistInnen in Manheim. Der kleine Ort
liegt in der Abbauzone des Tagebaus Hambach. Bis 2022 soll das
Dorf verschwunden sein, schon jetzt steht mehr als ein Drittel
der 420 Häuser leer. Das Rheinische Braunkohlerevier mit seinen
Braunkohletagebauen und Kraftwerken, in denen der Energieträger
verstromt wird, gilt als die klimaschädlichste Region Europas.
Pro Jahr werden hier rund 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid
ausgestoßen.
Zivilen Ungehorsam üben Trotz mancher polizeilicher Schikanen hat das
Manheimer Aktionscamp den Widerstand neu belebt. Während der
Energiekonzern RWE in einem Nachbarschaftsmagazin vor
vermeintlich gewaltbereiten „Protesttouristen aus anderen Ecken
Deutschlands und dem Ausland“ warnte, legten die AktivistInnen
unter dem Motto „Grünkohl statt Braunkohle“ auf einem kleinen
Feld in der Dorfmitte einen Gemeinschaftsgarten an. Neben allerlei theoretischen Diskussionen
über die Möglichkeiten eines besseren Lebens veranstalteten sie
mehrere Demonstrationen und übten sich in der Praxis zivilen
Ungehorsams. So besetzten sie mehrere leerstehende Häuser und
blockierten stundenlang die Gleise der Hambacher Kohlebahn. Auch
die Landesparteizentrale der Grünen in Düsseldorf bekam
unerwarteten, aber friedlichen Besuch. Die KlimaaktivistInnen
werfen der Partei „eine Mitschuld an der katastrophalen
Kohlepolitik des Bundeslandes“ vor. Allerdings waren nicht alle Aktionen
gelungen. Dass einige Hitzköpfe nächstens die Scheiben der
örtlichen Kreissparkasse einwarfen, sorgte auch unter den
KlimaaktivistInnen für heftige Diskussionen. „Wir wissen, dass
Banken in unserer Gesellschaft eine problematische Rolle
spielen, aber wir empfinden den Angriff auf die kleine Filiale
der Sparkasse in Manheim als nicht vermittelbar und entgegen der
Interessen der DorfbewohnerInnen und des Klimacamps“, heißt es
in einer Distanzierungserklärung. Bislang unbehelligt von der Polizei oder den
Werkschutzkräften von RWE haben die UmweltschützerInnen nun auch
wieder mehrere Bäume im Hambacher Forst besetzt. 30 bis 40
Menschen sollen dabei sein, sich oben in den Bäumen häuslich
einzurichten. Zu ihnen zu gelangen, ist nicht ganz einfach:
Zahlreiche Waldwege sind mit Holz verbarrikadiert. Die letzte
Waldbesetzung dauerte von April bis November vergangenen Jahres,
dann wurde sie von mehreren Hundertschaften der Polizei beendet. Wie auch immer: Dass der Widerstand gegen den Braunkohletageabbau weitergehen wird, scheint gewiss. Die DauercamperInnen auf der Obstwiese wollen jedenfalls weiter durchhalten. Der Hambacher Forst war ursprünglich 5.500 Hektar groß. Doch viel steht von dem einst riesigen Wald inzwischen nicht mehr. Wie auch etliche Häuser und Dörfer wurde er in den vergangenen Jahrzehnten verschlungen vom unersättlichen Braunkohletagebau. Verwüstet wurden dabei ganze Landstriche. |
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