03.04.2014 |
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In Ordnung, aber nicht gerecht |
Kommentar von Pascal Beucker zur
Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst |
Sehr viele Räder standen still – und
so hat Verdi einen anständigen Tarifabschluss erreicht. Eine
Gruppe droht aber immer noch abgehängt zu werden. Es war ein heftiger, aber kurzer Tarifkonflikt. Gerademal drei Verhandlungsrunden bedurfte es, um im öffentlichen Dienst zu einer Einigung zu kommen, mit der beide Seiten leben können. Als "gutes und faires Ergebnis" bezeichnete Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu Recht den gefundenen Kompromiss. Dass der Bund und die Kommunen bereit waren,
ihn so schnell einzugehen, dürfte nicht zuletzt dem Muskelspiel
von Verdi geschuldet sein. Mit ihren Warnstreiks in der
vergangenen Woche hat die Gewerkschaft der Arbeitgeberseite,
aber auch sich selbst eindrucksvoll demonstriert, dass sie im
öffentlichen Dienst noch kampffähig ist. Sehr viele Räder
standen still, weil es der starke Arm von Verdi so wollte. Das
Resultat dieser Machtdemonstration ist ein Tarifergebnis, das
"in der Spitzengruppe der diesjährigen Abschlüsse" liegt, wie
Verdi-Chef Frank Bisirske zufrieden resümiert.
Mindestbetrag
entscheidend Tatsächlich ist der Tarifabschluss
erfreulich, weil er ein Schritt in die richtige Richtung
bedeutet. Die Gewerkschaft hat dazugelernt: Im Gegensatz zur
Tarifrunde von vor zwei Jahren hat Verdi diesmal auf einer
sozialen Komponente bestanden. Wer die Verwirklichung sozialer
Gerechtigkeit zu seinen Zielen erklärt, der sollte auch seine
eigene Tarifpolitik danach ausrichten. Das heißt, dass es gerade
darum gehen muss, die ökonomische Situation derjenigen zu
verbessern, die es am nötigsten haben. Deswegen ist der jetzt mit den Arbeitgebern
vereinbarte Mindestbetrag von 90 Euro so wichtig. Er beschert
den unteren und mittleren Entgeltgruppen eine
überdurchschnittliche Reallohnsteigerung, die sie verdient
haben. Ohne ihn würde die unterste Einkommensgruppe gerademal
einen Zuwachs von knapp über 46 Euro verzeichnen können. Dass
sich das Gehalt von Menschen, die bislang weniger als 1.600 Euro
brutto in der Lohntüte haben, jetzt nicht nur um die generell
vereinbarten 3 Prozent, sondern um etwa 5,8 Prozent in diesem
Jahr erhöht, ist mehr als angemessen.
Topverdiener profitieren
mehr Trotz des Mindestbetrags bleibt jedoch auch
dieser Abschluss ungerecht, weil jene am meisten davon
profitieren, die ohnehin schon mehr haben. Denn die Prozentlogik
wurde zwar abgemildert, aber nicht aufgehoben. Das bedeutet:
Topverdiener im öffentlichen Dienst bekommen nun in diesem Jahr
nicht 90 sondern bis zu 195 Euro pro Monat mehr. Bei ihnen ist
übrigens auch die Differenz zur ursprünglichen
gewerkschaftlichen Forderung weitaus geringer. Ihre monatliche
Gehaltssteigerung bleibt nur um etwa 35 Euro dahinter, bei den
Niedriglöhnern jedoch um rund 57 Euro. Die Konsequenz, die die Gewerkschaften ziehen sollten: Wer nicht will, dass sich der Abstand beim Lohnniveau weiter vergrößert, sollte endlich Abschied nehmen vom Streit um Prozente und stattdessen um feste Summen kämpfen. Das wäre gerechter. |
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