04.07.2014 |
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Kein Bock mehr auf Parlament |
Von Pascal Beucker |
Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt wirft hin. Sein Mandat im Dortmunder Stadtrat sei eine zu große zeitliche und gesundheitliche Belastung. Ihm folgt nichts Gutes. Der Ausflug in die feindliche Welt der
parlamentarischen Demokratie dauerte nicht lange. Ab dem
kommenden Monat ist Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt kein Stadtrat
mehr in Dortmund. Der mehrfach vorbestrafte Neonazi teilte
seinen Mandatsverzicht Oberbürgermeister Ullrich Sierau nach der
Ratssitzung am Donnerstag schriftlich mit. Für Borchardt rückt
einer der Führungskader der extrem rechten Szene in das
Kommunalparlament nach. Laut einer Mitteilung der Stadt Dortmund
begründete Borchardt die Niederlegung seines Ratssitzes zum 31.
Juli mit der zeitlichen und gesundheitlichen Belastung, die sich
durch seine Doppeltätigkeit in Rat und Bezirksvertretung
Innenstadt-Nord ergeben habe. Dass das der Wahrheit entspricht,
ist nicht anzunehmen. Seinen Kameraden diente der Gründer der
militanten Hooligantruppe „Borussenfront“ zwar als
folkloristische Galionsfigur im Wahlkampf, als eine Art „Elder
Statesman“ der „nationalen Bewegung“. Ein längeres Verweilen des
gealterten Straßenkämpfers im Stadtrat dürfte indes nie geplant
gewesen sein. Bei den ersten beiden Ratssitzungen, an denen der
60-Jährige teilnahm, wirkte Borchardt von dem parlamentarischen
Treiben, das ihm zutiefst zuwider ist, sichtlich überfordert. Die Strippen ziehen bei den Dortmunder
Neonazis längst jüngere. Einer von ihnen zieht nun am 1. August
in den Rat ein: Dennis Giemsch, der als einer der
„intellektuellen Köpfe“ der Szene gilt. Er war Anführer der 2012
verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“. Jetzt
ist der 29-Jährige nordrhein-westfälischer Landesvorsitzender
der Partei „Die Rechte“. Giemsch gehörte zu der braunen Horde, die
am Abend der Kommunalwahl am 25. Mai versucht hatte, die
städtische Wahlparty im Dortmunder Rathaus zu stürmen. Ihnen
entgegen stellten sich etwa hundert Gegendemonstranten, darunter
zahlreiche Ratspolitiker. Bei dem rechten Angriff wurden zehn
Menschen verletzt. Der Vorfall sorgte bundesweit für Entsetzen.
Rechte Kooperation Gegen das deshalb gegen ihn verhängte
Hausverbot klagte Giemsch erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht
Gelsenkirchen. Es habe sich um eine „emotional besonders
aufgeheizte Situation“ gehandelt, die „keine hinreichenden
Schlüsse auf die Gefahr zukünftiger Auseinandersetzungen“ im
Zusammenhang mit Sitzungen der Gemeindegremien zulasse, befand
das Gericht in einem Eilbeschluss am Montag. Daraufhin hob die
Stadt auch die restlichen 29 Hausverbote auf. Bei der Kommunalwahl am 25. Mai hatte „Die
Rechte“ in Dortmund ein Prozent der Stimmen geholt und war
erstmals mit einem Sitz in das Lokalparlament eingezogen. Mit
der NPD, die ebenfalls über einen Sitz verfügt, hat sie sich in
dieser Woche im Rat zu einer Gruppe zusammengeschlossen. „Um
deutlich größere Handlungsspielräume zu haben und die
politischen Ziele offensiver vertreten zu können“, wie es in
einer Mitteilung heißt. Nicht zuletzt dürften ökonomische Gründe ausschlaggebend für die Kooperation der beiden Parteien sein, die sich bis vor Kurzem in der Ruhrmetropole noch spinnefeind waren: Es winken städtische Zuwendungen in Höhe von etwa 42.000 Euro. |
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