11.07.2014

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taz

 Reine Lehre, weicher Ton
Von Pascal Beucker

Rainer Maria Woelki wird neuer Erzbischof von Köln.

Das gab es schon lange nicht mehr. Mit Rainer Maria Woelki soll nach 230 Jahren erstmals wieder ein gebürtiger Kölner dem Erzbistum in der Domstadt vorstehen. So hat es Papst Jorge Mario Bergoglio entschieden, so hat es das Kölner Domkapitel abgesegnet - auch wenn es eigentlich andere Kandidaten auf dem Wunschzettel hatte. Doch anders als bei der Berufung seines Vorgängers Joachim Meisner gibt es diesmal keinen Aufschrei der Empörung. Denn der 57-jährige Kardinal gilt zwar ebenfalls als theologisch konservativ, aber er ist kein Polarisierer.

Woelki stammt aus einer tiefkatholischen Familie. Seine Eltern flohen 1945 aus Ostpreußen nach Köln. Aufgewachsen in der Bruder-Klaus-Siedlung im rechtsrheinischen Stadtteil Mülheim, studierte Woelki nach Abitur und Wehrdienst ab 1978 Katholische Theologie und Philosophie an den Universitäten in Bonn und Freiburg. 1985 empfing er von dem damaligen Kölner Erzbischof Joseph Höffner die Priesterweihe. Dessen Nachfolger Meisner machte Woelki 1990 zu seinem Geheimsekretär. Ab 2003 Kölner Weihbischof, wechselte er 2011 als Erzbischof nach Berlin. Ein Jahr später wurde er zum weltweit jüngsten Kardinal ernannt. Eine steile Karriere, die er nicht zuletzt seinem bis heute als eng geltendem Verhältnis zu Meisner verdankt. Woelki, der an einer Hochschule der ultrakonservativen Laienorganisation Opus Dei promoviert hat, gilt wie Meisner als ein entschiedener Verfechter katholischer Lehrmeinungen. Aber anders als sein Förderer setzt Woelki lieber auf Dialog als auf Konfrontation. So traf sich der 1,92 Meter große Schlaks nach seinem Berliner Amtsantritt mit dem Lesben- und Schwulenverband. Das Gespräch sei "geprägt von gegenseitigem Respekt vor der Überzeugung des anderen", resümierte er später. Gleichwohl macht Woelki "keinerlei Abstriche", dass homosexuelle Handlungen "gegen das natürliche Gesetz verstoßen".

In seiner persönlichen Lebensgestaltung ist Woelki so etwas wie der Gegenentwurf zu dem ehemaligen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Prunk und Pomp sind ihm fremd. Wie der amtierende Papst beklagt er die Armut und prangert an, "dass die Gentrifizierung voranschreitet und die Armen mehr und mehr aus ihren Quartieren an die Ränder verdrängt werden". Auch kritisierte Woelki scharf, dass es in dem neuen Berliner Flughafen ein Abschiebegefängnis geben soll.


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