31.07.2014 |
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Ein moralischer Rigorist |
Von Pascal Beucker |
Die Fraktionsdisziplin hat er
missachtet, war friedenspolitisch aktiv und musste die SPD
verlassen. Karl-Heinz Hansen wurde 87 Jahre alt. Schon lange war es still geworden um
Karl-Heinz Hansen, jenen unbeugsamen Linken, der sich
skandalöserweise auch im Bundestag treu geblieben war. Als
„moralischen Rigoristen“ charakterisierte er sich selbst einmal.
Als „Wirrkopf“ titulierte ihn der seinerzeitige
SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Ihm solle man „ein Stuhlbein
über den Kopf hauen“, forderte ein Fraktionskollege. Mehr als drei Jahrzehnte ist es her, dass
Hansen die Schlagzeilen der bundesdeutschen Presse beherrschte.
Damals, am 13. Dezember 1981, wurde er aus der SPD
ausgeschlossen. Damit endete eine Parteikarriere, die so gar
nicht der sozialdemokratischen Norm entsprach. „Mich hat
gewundert, dass die nicht früher was gemacht haben“,
kommentierte er später. Hansen, geboren in Linderhofe im Kreis
Lippe, trat 1961 in die SPD ein. Seit 1969 gehörte der frühere
Lehrer dem Bundestag an. Was ihn auszeichnete: Unter Missachtung
der Fraktionsdisziplin stimmte er gegen alles, was seinen
Überzeugungen widersprach. Das war schon unter der Regierung
Brandt nicht wenig. Unter Helmut Schmidt blieb dann kaum etwas,
dem Hansen noch hätte zustimmen können. Ob Vermögenssteuergesetz
zugunsten der Reichen, Berufsverbote für Linke oder
„Antiterrorgesetze“ – die SPD-Fraktion war dafür, Hansen
votierte dagegen. Er griff die Rüstungsgeschäfte der
sozialliberalen Regierung an und kritisierte scharf deren
unehrlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit. Sein Widerstand
gegen den Nato-Doppelbeschluss, der die Stationierung weiterer
Atomraketen in Deutschland vorsah, brachte das Fass zum
Überlaufen. Die SPD schmiss ihren Bundestagsabgeordneten Hansen
raus. Er würde alles wieder so machen, sagte er einmal. Mit den „Demokratischen Sozialisten“ baute
er eine eigene Partei auf – und scheiterte. Auch sein Engagement
für die DKP-nahe „Friedensliste“ war nicht von Erfolg gekrönt.
Ende der 80er Jahre zog sich Hansen aus der Politik zurück. Er
konzentrierte sich auf seine historischen Studien, bezog
vereinzelt in Artikeln Stellung. Nur manchmal tauchte er noch
auf Veranstaltungen auf. Er sympathisierte mit der PDS, später
der WASG und der Linkspartei. Am 22. Juli ist Karl-Heinz Hansen mit 87 Jahren gestorben. Am Dienstag wurde er in Bremen beigesetzt. Bis zu seinem Tod bezeichnete er sich als „demokratischer Sozialist“. Wobei er stets hinzufügte, dass sei „natürlich eine Tautologie.“ Denn schließlich sei „das eine ohne das andere nicht denkbar.“ |
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