16.10.2014

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taz

 Ein berechtigtes Anliegen
Kommentar von Pascal Beucker über den Streik der Lokführergewerkschaft

Fast alle Räder stehen still, wenn ihr starker Arm es will. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat wieder die Muskeln spielen lassen. Das ist unerfreulich für all jene, die auf die Nutzung von Fern- und Regionalzügen angewiesen sind. Zumal die Deutsche Bahn die Auswirkungen des Streiks noch potenziert hat, in dem sie bereits am Mittwochmorgen massenhaft Züge ausfallen ließ, was viele Pendler böse überraschte. Schließlich sollte der Ausstand erst am frühen Nachmittag beginnen. Die Vermehrung des Chaos liegt so ganz im Interesse der Bahn.

Zahlreiche Medien ereifern sich über die unbotmäßigen Spartengewerkschafter. "Kaputtmacher" werden sie tituliert, vom "Egotrip der Lokführer" und von "Deutschlands dümmster Gewerkschaft" ist die Rede, in Deutschlands größter Boulevardzeitung wird der GDL-Chef Claus Weselsky als "Deutschlands größte Nervensäge" beschimpft. Die Rufe nach einer Einschränkung des Streikrechts werden wieder lauter - wie immer, wenn ein Ausstand wirkungsvoll ist.

Dabei ist das zentrale Anliegen der GDL in dem gegenwärtigen Arbeitskampf durchaus nachvollziehbar. Sie will nicht mehr nur für die Lokführer, sondern auch für das bei ihr organisierte Zugpersonal eigenständige Tarifverträge abschließen. Das ist ein legitimes Anliegen: In Deutschland gibt es das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung, aber nicht die Pflicht, einer DGB-Gewerkschaft beizutreten. Dass sich nicht nur die Mehrheit der Lokführer, sondern auch eine relevante Minderheit des Zugpersonals in der GDL statt der nicht gerade gut beleumundeten Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) organisiert, ist nicht der Lokführergewerkschaft anzulasten. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, sich auch für die Interessen dieser Mitglieder mit aller Kraft einzusetzen. Nichts anderes macht derzeit die GDL.


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