22.10.2014

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taz

 Einigung steht in den Wolken
Von Pascal Beucker

ARBEITSKAMPF Unzählige ausgefallene Flüge und keine Bewegung: Beim Tarifkonflikt der Pilotengewerkschaft Cockpit mit der Lufthansa bleiben die Fronten verhärtet. Weitere Streiks drohen. Konzern verliert vor Gericht.

Es war ein Versuch. Er ist gescheitert. Mal wieder. Mit der Begründung der Unverhältnismäßigkeit wollte die Deutsche Lufthansa AG per einstweilige Verfügung der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit ihre beiden aktuellen Streiktage gerichtlich untersagen lassen. Vergeblich. Wie schon im August und auch im September scheiterte die Lufthansa vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Das Hessische Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung: Die Arbeitsniederlegung sei nicht rechtswidrig, teilte es am Dienstag mit.

"Sollte die Lufthansa die Zeit nicht besser nutzen, um konstruktiv mit uns zu verhandeln, anstatt das Problem vom Gericht lösen lassen zu wollen?", fragt Cockpit-Sprecher Markus Wahl. Die hilflosen Bemühungen der Lufthansa-Führung, auf juristischem Wege den renitenten Flugkapitänen Einhalt zu gebieten, zeigen, wie verfahren der bereits seit April andauernde Tarifkonflikt im Luftverkehr ist. Beide Seiten werfen sich gegenseitig Unnachgiebigkeit vor.

Am Dienstag hatte die Pilotengewerkschaft ihre Arbeitskampfaktivitäten nochmals ausgeweitet. Zusätzlich zu den Kurz- und Mittelstrecken bestreikte sie bis Mitternacht auch die Interkontinentalflüge der Lufthansa. Die Folge: Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main musste die Lufthansa ihren Langstreckenverkehr nahezu vollständig einstellen. Auch die meisten innerdeutschen und europaweiten Flüge fielen aus. Insgesamt sagte der Luftfahrtkonzern nach eigenen Angaben an den beiden Streiktagen bundesweit 1.511 Flüge ab. Betroffen waren rund 166.000 Passagiere. Es war bereits der achte Ausstand in diesem Jahr.

"Wir hoffen, dass diesmal das Zeichen deutlich genug war", sagte Cockpit-Vorstand Wahl der taz. Falls sich die Lufthansa nicht bewege, schloss er weitere Streiks "explizit nicht aus". Zentraler Streitpunkt sind die sogenannten Übergangsrenten. Diese Zahlungen ermöglichen es den Piloten bislang, bereits ab einem Alter von 55 Jahren mit bis zu 60 Prozent ihrer Grundbezüge in die gesetzliche Rente überzugehen - durchschnittlich scheiden sie mit knapp 59 Jahren aus dem Dienst. Die im Branchenvergleich großzügigen Vorruhestandsregeln hat die Lufthansa einseitig gekündigt.

Um Kosten zu sparen, will der Konzern den Schnitt auf 61 Jahre erhöhen. "Unsere Investoren erwarten zukunftsfähige und wettbewerbsfähige Strukturen in allen Bereichen", argumentiert Finanzchefin Simone Menne. "Das gilt auch für die Alters- und Übergangsversorgung." Sie wirft Cockpit fehlende Kompromissbereitschaft vor.

Das sehen die Kapitäne genau andersrum. So hätten sie der Lufthansa eine Kostendeckelung der Übergangsversorgung vorgeschlagen, erläutert Cockpit-Mann Wahl. Doch die Arbeitgeberseite beharre stur auf ihrer Position. "Da wird nur blockiert und gemauert." Die Fronten bleiben verhärtet. Die nächsten Streiktage dürften kommen.


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