10.11.2014

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taz

 Streik kostet Bahn 100 Millionen Euro
Von Pascal Beucker

BAHN Zugverkehr läuft nach der Beendigung des Ausstands erst langsam wieder an. Die Fronten im Konflikt bleiben verhärtet. Lokführer-Gewerkschaft besteht auf eigener Vertretung des gesamten Zugpersonals.

Während sich der Zugverkehr nach dem Ende des Streiks nur langsam normalisiert, bleiben die Fronten zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) verhärtet. "Ich bin verärgert über GDL-Chef Weselsky, weil er das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zwischen den Sozialpartnern verletzt", sagte Bahnchef Rüdiger Grube der Bild am Sonntag.

Die Gewerkschaft müsse sich "ihrer Verantwortung bewusst und zu Kompromissen bereit sein", forderte Grube. "Der Schaden beträgt bislang mehr als 100 Millionen Euro", bilanzierte er. Die Bahn sei jederzeit zu Verhandlungen bereit. Ein Abrücken von der eigenen unnachgiebigen Haltung gegenüber den Forderungen der GDL ließ Grube allerdings nicht erkennen.

Als "Geste der Versöhnung" hatte die GDL am Samstagabend ihren eigentlich bis Montagfrüh angekündigten Streik vorzeitig beendet. Allerdings kam es auch noch am Sonntag zu etlichen Zugausfällen und Verspätungen. So standen laut Bahnangaben nur etwas mehr als 60 Prozent des regulären Fernverkehrangebots auf den Hauptstrecken für die Reisenden zur Verfügung. "Oft sind Züge und Personal nicht dort, wo wir sie brauchen", sagte ein Bahnsprecher. Die Wiederaufnahme des normalen Fahrplans im Personenverkehr sei erst ab Montag möglich.

In dem laufenden Tarifkonflikt fordert die GDL für ihre Mitglieder eine höheren Lohn um 5 Prozent, die Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 37 Stunden sowie die Begrenzung der bisher unbegrenzten auf 50 Überstunden. Außerdem soll es einen 50-prozentigen Zeitzuschlag bei Schichtverlängerungen geben. Bisher ist die Bahn der Gewerkschaft nur in Sachen Lohnerhöhung entgegengekommen - und das auch noch beschränkt auf die Lokführer.

Hauptkonflikt ist, dass die GDL für alle ihre Mitglieder, also im gesamten Zugpersonal, einen eigenständigen Tarifvertrag aushandeln will. Das jedoch lehnt die Arbeitgeberseite strikt ab. Denn das Verhandlungsmandat für die Bahnbeschäftigten jenseits der Lokführer beansprucht die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für sich.

Die EVG will 6 Prozent mehr Entgelt. Die Verringerung von Wochenarbeitszeit und Überstunden steht hingegen nicht auf ihrem Forderungskatalog. Bei den bisherigen Verhandlungen wurden nach Angaben der Bahn "erste Fortschritte erzielt". Die nächste Gesprächsrunde findet am 21. November statt.

Trotz aller Rivalität kritisierte EVG-Chef Alexander Kirchner den gescheiterten Versuch der Bahn, den GDL-Streik gerichtlich untersagen zu lassen. Die EVG erteile allen Versuchen, das Streikrecht einzuschränken, "eine klare Absage", sagte Kirchner. Gleichzeitig warf er der GDL vor, sie verweigere weiterhin jegliche faire Kooperation. Die EVG werde jedoch nur Verfahrensvereinbarungen über Tarifzuständigkeiten zustimmen, "bei denen am Ende einheitliche Tarifvertragsregelungen auf die gleiche Berufsgruppe Anwendung finden".


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