01.12.2014

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taz

 Für Offenheit und Pluralität
Von Pascal Beucker

Kurzporträt von Josef Schuster, des neuen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Im Scheinwerferlicht stand Josef Schuster bislang nicht, obwohl er schon lange im Zentralrat der Juden aktiv ist, und es drängte den Würzburger Internisten auch nicht danach. Doch der 60-Jährige sah sich in die Pflicht genommen, nachdem der bisherige Präsident Dieter Graumann im Oktober überraschend seinen Verzicht auf eine zweite Amtszeit erklärt hatte.

Mit Schusters Wahl setzt der Zentralrat, unter dessen Dach sich 23 Landesverbände mit 108 jüdischen Gemeinden und insgesamt etwa 101.300 Mitgliedern organisieren, auf Kontinuität. "Die Offenheit und die Pluralität des Judentums weiter zu unterstützen ist mir ausgesprochen wichtig", hat er vor seiner Wahl gesagt, er wolle damit auch die Arbeit seines Vorgängers fortführen.

Wie Graumann gehört Schuster zur ersten Nachkriegsgeneration, die die Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr selbst erleben musste. Beide wurden in Israel geboren, Schuster 1954 in der Stadt Haifa.

Dorthin hatte sein Vater David 1938 - nach 15-monatiger Haft in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald - gemeinsam mit seinen Eltern aus Unterfranken emigrieren können. Mutter Anita, die ebenfalls nach Palästina ausreisen konnte, stammt ursprünglich aus Oberschlesien. Ihre Eltern wurden im KZ Auschwitz ermordet.

Zwei Jahre nach seiner Geburt kehrte die Familie nach Deutschland zurück. 1958 wurde Vater David Schuster erster Vorsitzender der wiedergegründeten Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken. Der Vater habe "die Hand ausgestreckt zur Versöhnung", sagt Josef Schuster, der heute dieser orthodoxen Gemeinde vorsteht. "So bin auch ich erzogen worden."

Schuster studierte Medizin in Würzburg, dem Zentralrat gehört er seit fünfzehn Jahren an, zuletzt als Vizepräsident.

Er gilt als bedächtiger Mann, der seine Schritte gut abwägt, als moderater, aber deutlicher Mahner. So kritisierte er die NSU-Ermittlungen, die nicht konsequent genug geführt worden seien. Politisch eher konservativ orientiert, beteiligt er sich auch immer wieder an Demonstrationen gegen Naziaufmärsche in seiner Heimat.


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