06.01.2000
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*  Ermittlungsverfahren gegen Schleußer
Von Pascal Beucker

Einer der angesehensten Finanzminister ist Mitglied im Sparclub IC 72.

Heinz Schleußer (SPD)Grund zum Feiern hatte er keinen. An diesen Jahreswechsel wird sich Heinz Schleußer trotzdem wohl noch lange zurückerinnern. Denn in der Düsseldorfer "Flug-Affäre" wird es für den dienstältesten Finanzminister der Republik langsam eng. Mit der regen Flugtätigkeit des nordrhein-westfälischen SPD-Politikers und anderer NRW-Minister mit dem Privatjet-Service der Westdeutschen Landesbank (WestLB) beschäftigt sich bereits ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Drei Tage vor dem Jahreswechsel hat die Staatsanwaltschaft nun auch noch ein Ermittlungsverfahren gegen Schleußer eingeleitet - wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses. Geklärt werden soll die Frage, die vor drei Jahren schon den Düsseldorfer Landtag beschäftigte: Hat Schleußer seinen Freund Friedel Neuber, den Vorstandschef der WestLB, vorab über eine bevorstehende Großrazzia in dem Bankhaus informiert?

Der Ausgangspunkt für das jetzt eingeleitete Ermittlungsverfahren liegt drei Jahre zurück. Am 3. September 1996 führten Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft bei der WestLB eine Razzia wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch. Doch die Durchsuchungsaktion verlief für die Fahnder frustrierend. Man habe die Bank geradezu klinisch gereinigt vorgefunden, hieß es später aus Justizkreisen. Schon damals kursierten Gerüchte, dass die WestLB, in deren Verwaltungsrat Schleußer sitzt, vorab aus Kreisen der Landesregierung gewarnt worden war. An der WestLB hält das Land 43,2 Prozent der Anteile. Der Haushalts- und Finanzausschuss sowie das Plenum des Landtags untersuchten die Vorwürfe. Belege ließen sich jedoch seinerzeit nicht finden.

Im Herbst diesen Jahres bekam die WestLB erneut Besuch von der Steuerfahndung. Im Laufe der Ermittlungen, so ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft, habe sich der Verdacht erhärtet, dass bei dem Bankhaus "dem Kundenwunsch nach einer anonymisierten Vermögensverschiebung systematisch entsprochen wurde". Auch das Privathaus von Neuber wurde durchsucht. Gefunden hätten die Fahnder "erwartungsgemäß nichts", so Neuber. Mit dem WestLB-Chef und früheren SPD-Landtagsabgeordneten verbindet Schleußer seit ihrer gemeinsamen niederrheinischen Juso-Zeit eine enge persönliche Freundschaft. Darüber hinaus gehört Schleußer ebenso wie Bundespräsident Johannes Rau und Ministerpräsident Wolfgang Clement dem von Neuber 1972 initiierten und von der WestLB gemanagten Investmentclub "IC 72" an.

CDU-Fraktionschef Meyer forderte die Beurlaubung Schleußers bis zur Klärung der Vorwürfe. "Jedem Beamten und Steuerzahler müssten die Ohren klingen, wenn ausgerechnet der Finanzminister in den Verdacht gerät, die Steuerfahndung bei der WestLB im Vorfeld verraten zu haben." Clement hält jedoch weiter unbeirrt an seinem Finanzminister fest. Die angebliche WestLB-Affäre sei eine "Luftnummer". Schleußers Angaben seien "absolut klar und glaubwürdig", und er sei "zu Recht einer der angesehensten Finanzminister in Deutschland". Schleußer selbst bestreitet vehement, Dienstgeheimnisse an die WestLB weitergegeben zu haben. Er hoffe, dass das Verfahren "zügig durchgeführt und ebenso zügig wieder eingestellt wird".


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