Grüne
kritisieren Parteienfinanzierung / Für Clement alles
eine Luftnummer.
Nur wenige Worte verlor Wolfgang Clement auf
dem Parteitag der nordrhein-westfälischen SPD am Samstag
in der Essener Grugahalle über "diese so genannte
Flug-Affäre". Die "Luftnummer" um Flüge
von NRW-Regierungsmitgliedern mit dem Flug-Service der
Westdeutschen Landesbank (WestLB) würde "immer mehr
zu einem schmuddeligen Kriminalgespinst". Er sei
"froh, dass es diesen Untersuchungsausschuss
gibt", erklärte der Ministerpräsident den
Delegierten. Der Ausschuss würde sich "als ein
Ehrenschutz für uns erweisen gegenüber manchem, was
über uns - insbesondere über meinen Freund und Kollegen
Heinz Schleußer - verbreitet worden ist".
Wenn er sich da mal nicht
täuscht. Denn inzwischen liegt eine Aufstellung von
Flügen vor, die die WestLB für den Parlamentarischen
Untersuchungsausschuss des Landtags zusammengestellt hat.
Danach haben Mitglieder der NRW-Landesregierung von 1989
bis 1999 über einhundert Mal den Flugbereitschaftsdienst
der Bank in Anspruch genommen. Alleine der frühere
Ministerpräsident Johannes Rau ist seit 1989 42-mal mit
der WestLB geflogen. Der Bundespräsident will in der
nächsten Woche über seine Anwälte zu seinen Trips u.a.
nach Brüssel, Innsbruck, Prag, Tel Aviv und Zürich
Stellung nehmen. Doch schon jetzt steht fest: Er wird
gehörige Anstrengungen unternehmen müssen, um den
dienstlichen Charakter aller Flüge nachzuweisen.
Das gilt auch für
Finanzminister Heinz Schleußer. Aufklärungsbedürftig
bleibt beispielsweise, warum der Finanzminister zusammen
mit seinen damaligen Kabinettskollegen Klaus Matthiesen
und Hans Schwier am 14. 6.1990 für 11.001,87 Mark nach
Sylt geflogen ist. Das Kölner Landgericht untersagte
zwar mit einer Einstweiligen Verfügung dem
Nachrichtenmagazin "Focus" die Behauptung, die
drei Minister seien von dort zum Hochseefischen gefahren.
Aber die Erklärung Schleußers, es sei darum gegangen,
zusammen mit dem schleswig-holsteinischen
Landwirtschaftsminister Küstenschutzmaßnahmen zu
besichtigen, klingt zwar lustig, jedoch nur mäßig
überzeugend. Ebenfalls ungeklärt ist der Charakter
einer Reise Schleußers am 15.8.1996 nach Ljubljana. Nach
seinen eigenen Angaben folgte er einer Einladung des
Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Sloweniens.
Trotzdem besteht der 63-Jährige darauf, es habe sich
nicht um einen Parteitermin, sondern um eine
"Dienstreise" gehandelt. Für den
CDU-Landtagsfraktionschef Laurenz Meyer hingegen
"ist diese Reise ein reiner Privatflug".
Nach der
WestLB-Aufstellung sind die entstandenen Kosten der
Regierungsflüge höher, als die Landesregierung bisher
angegeben hatte. Von einem Gesamtaufwand von 1,8
Millionen Mark seit 1985 hatte Regierungssprecher Klaus
Klenke am vergangenen Montag gesprochen. Nun weist die
erst 1989 beginnende Aufstellung schon 1,87 Millionen
Mark auf. Kein Wunder, kostete doch beispielsweise
alleine die Hin- und Rückreise Clements zur
Verkehrsministerkonferenz nach Rostock am 19. und 20.
September 1996 laut Liste 54.763 Mark. Bemerkenswert sind
auch die Preisschwankungen auf einer Flugstrecke: Wurde
ein einfacher Flug Raus von Düsseldorf nach Berlin am
29. September 1994 mit 16.296,10 Mark veranschlagt,
kostete er am 20. November 1995 21.759,75 Mark. Trotzdem
sieht die Landesregierung weiterhin keine Veranlassung
für eine Überprüfung der ihr von der WestLB
übermittelten Flugkostenrechnung.
Langsam wächst allerdings
auch innerhalb der Grünen, die sich bislang aus
Rücksicht auf den großen Koalitionspartner auffällig
zurückhielten, der Unmut über das Agieren der
Landesregierung in der "Flugaffäre". "Die
Landesregierung muss nun endlich aus den Wolken
hervorkommen und alle offenen Fragen präzise
beantworten", verlangte der grüne Landessprecher
Reiner Priggen. Und Landtagsfraktionssprecher Roland
Appel forderte "strukturelle Konsequenzen".
Regierungsgeschäfte und die wirtschaftliche Tätigkeit
einer Bank müssten klar getrennt sein, so Appel. Das sei
bisher nicht der Fall.
Besonders verärgert hat
die Grünen die inzwischen bekannt gewordene
Parteispendenfreudigkeit der WestLB. So erhielten SPD und
CDU regelmäßig fünfstellige Zuwendungen von der
öffentlich-rechtlichen Bank. Das sei "als indirekte
Parteienfinanzierung zu werten, die ihre Grundlage nicht
im Parteiengesetz hat", kritisierte der grüne
stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper. Es
könne nicht Aufgabe öffentlicher Unternehmen sein, ihre
Gewinne an Parteien zu verteilen. Parteisprecher Priggen
erstattete wegen dieser "rechtswidrigen
Parteispenden-Praxis" am Wochenende Strafanzeige
gegen den Vorstand der WestLB und forderte die Justiz
auf, "alle in Frage kommenden Tatbestände" zu
prüfen.
Während
Ministerpräsident Clement die Anzeige als "billige
populistische Masche" bezeichnete, erklärte
CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers, die WestLB-Spenden an
seine Partei seien "ein ganz normaler Vorgang".
Nach Ansicht der WestLB hat die Bank bei ihren Spenden an
politische Parteien stets im Einklang mit den
gesetzlichen Vorschriften gehandelt. Welche Partei wie
viel Geld erhalten hat, wollte ein WestLB-Sprecher nicht
verraten.
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