04.02.2000



"Wir geben ihnen das Gefühl, dazuzugehören"

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Aachener Nachrichten

*   "Wir geben ihnen das Gefühl, dazuzugehören"
Von Pascal Beucker

Regierungspräsident und Ausländerbeirat berichten über erste Erfahrungen mit dem neuen Einbürgerungsrecht.

"Regelrechte Aufbruchstimmung" sieht der Kölner Regierungspräsident Jürgen Roters in den Kommunen. Der Grund: Die mit Beginn dieses Jahres in Kraft getretene Reform des Staatsangehörigkeitsrechts.

Roters berichtete gestern zusammen mit dem Vorsitzenden der Landesarbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte NRW, Tayfun Keltek, über die ersten Erfahrungen im Regierungsbezirk Köln. Ausdrücklich begrüßte Roters die Reform, die zwar "kein Allheilmittel" sei, aber doch "ein Baustein in der Integration der hier liebenden Ausländer". Die erleichterte Einbürgung sei "ein Gewinn für unsere Gesellschaft, was die Vielfalt und die Art des Zusammenlebens anbelangt." Aus seiner Erfahrung als Kölner Polizeipräsident wisse er um die Gefahren, die mit der Ausgrenzung gerade von ausländischen Jugendlichen verbunden seien. "Wir geben ihnen nun das Gefühl dazuzugehören und beugen der Gefahr der Gettobildung vor."

Noch liegen keine Zahlen vor, wie viele erwachsene Immigranten auf der Grundlage des neuen Gesetzes einen Antrag auf Einbürgerung gestellt haben, teilte der Regierungspräsident mit. Die Bezirksregierung setzte sich jedoch für schlanke und unbürokratische Verfahren ein. Hierbei gebe sie den zuständigen Ausländerämtern Hilfestellungen. "Wir sind sehr interessiert an schnellen Entscheidungen", sagte Roters. In Zweifelfällen solle "eher für die Betroffenen" entschieden werden. Schließlich gebe es im Rheinland "eine besondere Tradition der Toleranz".

Genauere Angaben konnte Roters über die Anzahl der Einbürgerungsanträge von in Deutschland geborenen und lebenden ausländischen Kindern unter zehn Jahren machen. Für sie gilt eine Sonderregelung: Sie sind unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag automatisch einzubürgern. Allerdings gilt diese "Altfallregelung" nur bis zum 31. Dezember 2000. Danach müssen auch für sie das reguläre Verfahren durchlaufen. Bislang sind im Kölner Regierungsbezirk 248 solcher Kindereinbürgerungsanträge gestellt worden, davon 79 in Köln und 45 in Aachen. Nach Schätzung Roters kämen jedoch 40.000 ausländische Kinder für diese Regelung in Frage.

500 Mark Gebühr

Tayfun Keltek bezeichnete das neue Staatsbürgerschaftsrecht als einen Schritt in die richtige Richtung. Es habe "viele positive Ansätze" und sollte von möglichst vielen Immigranten genutzt werden. Aber: "Ich habe mir mehr gewünscht, als jetzt in dem Gesetz steht." Die generelle Zulassung von Mehrstaatlichkeit hätte vielen Immigranten gerade der ersten Generation eine Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft leichter gemacht. Besonders kritisierte Keltek, dass die Behörden bei der Einbürgerung von Kindern unter 10 Jahren wie bei Erwachsenen eine Gebühr von 500 Mark erheben.


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