Wer
wird bis zum Jahr 2009 Kölns neuer Oberbürgermeister?
Am kommenden Sonntag haben 715.000 Wahlberechtigte die
Qual der Wahl. Zum Schlussspurt sollen hochrangige
Parteifreunde die letzten Reserven mobilisieren.
Am Dienstag rühren
mit Rudolf Scharping und Christiane Bergmann gleich zwei
SPD-Bundesminister die Trommel für ihre Kandidatin Anke
Brunn. Am Tag darauf bietet die CDU ihre
Bundesvorsitzende Angela Merkel auf, um für ihren
Favoriten Fritz Schramma zu werben.
Der
Einsatz der Parteiprominenz ist bitter nötig. Denn nach
jüngsten Umfragen wird es ein ganz enges
Kopf-an-Kopf-Rennen. Während das Berliner
Meinungsforschungsinstitut infratest dimap CDU-Mann
Schramma vorne sieht, hat das Münchner polis-institut
einen Vorsprung für die Sozialdemokratin Brunn
ermittelt.
Stichwahl
in zwei Wochen
Allerdings
gehen beide Institute davon aus, dass kein Kandidat im
ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen auf
sich vereinigen kann. In diesem Fall würde es am 17.
September zur Stichwahl kommen.
Dann wird
es vor allem auf die Wähler der Grünen und der
Liberalen ankommen. Denn der Grünen Barbara Moritz
werden über zehn Prozent der Stimmen prognostiziert.
FDP-Mann Ralph Sterck kann mit vier Prozent rechnen.
Bemerkenswert:
Über dreißig Prozent der Wähler haben sich noch nicht
auf einen der insgesamt vierzehn Kandidaten festgelegt.
Etliche Kölner zeigen sich unzufrieden über die zur
Auswahl stehenden Kandidaten der beiden Volksparteien.
Sie gelten nur als zweite Wahl.
Ins
Fettnäpfchen getreten
Bisher ist
es dem CDU-Kandidaten Schramma nicht gelungen, in die
Fußstapfen seines populären Parteifreundes Harry Blum
zu treten, der im März nach nur 169 Tagen im Amt
überraschend verstorben war. Ins Fettnäpfchen tapste
der 53-jährige Lateinlehrer mit der Ankündigung, die
Bäume in der Stadt zurückschneiden lassen zu wollen, um
freie Sicht auf Denkmäler und Plätze zu gewährleisten.
Nach Bürgerprotesten ruderte Schramma zurück. Er habe
mit seiner Bemerkung nur bezwecken wollen, dass die
Kölner "mehr als bisher über das Kölner Stadtbild
nachdenken".
"Schramma
ist ein braver Mann", urteilt der emeritierte
Kölner Soziologieprofessor Erwin K. Scheuch - für
einen, der Oberbürgermeister in einer Millionenstadt
werden will, alles andere als ein Kompliment.
Eine
Notlösung
Anke Brunn
war ebenfalls eine Notlösung: Die SPD hätte lieber den
Kölner Regierungspräsidenten Jürgen Roters nominiert.
Erst als dieser abwinkte, war der Weg frei für die
57-jährige ehemalige Landeswissenschaftsministerin. Auch
ihre Wahlkampagne hatte ihre Kuriositäten. Zwar
verzichtete die Sozialdemokratin auf den - ernsthaft in
Erwägung gezogenen - schlüpfrigen Slogan "Von OB
verstehen die Frauen mehr", doch dafür sorgte ein
anderes Motto für unfreiwillige Lacher: "Kölner
Oberbürgermeister fangen mit âB' an". Der
Kabarettist Wilfried Schmickler lästerte daraufhin in
der "taz" in Anspielung auf den berühmtesten
Kölner Oberbürgermeister: "Und nicht zu vergessen
Konrad Badenauer."
Der
"Spiegel" gab dem Kölner
Oberbürgermeisterwahlkampf ein verheerendes Motto:
"Lieber lächerlich als langweilig." Am Sonntag
haben die Wähler das Wort.
Zum
Thema
Wahlkampf
um Schwule und Lesben
Alle vier
Kandidaten der großen Parteien werben in Köln -
bundesweit einmalig - offensiv um die Stimmen von
Schwulen und Lesben. Bei der Grünen überrascht dies
nicht weiter. Aber dass CDU-Kandidat Fritz Schramma eine
Anzeige mit dem Slogan "Köln ist weder schwarz noch
rot, sondern bunt" in dem schwul-lesbischen Magazin
"Queer" schaltete, sorgte bundesweit für
Aufmerksamkeit.
Während
Anke Brunn mit einem Wahlaufruf von Schwulen und Lesben
zu ihren Gunsten dagegen hielt, "outete" sich
FDP-Kandidat Ralph Sterck gar zum Wahlkampfbeginn
öffentlich als homosexuell. "Zumindest in Köln
kommt keine Partei mehr an den Schwulen und Lesben
vorbei", kommentierte Micha Schulze von
"Queer".
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