22.09.2000



Damit sie nicht verloren gehen

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Aachener Nachrichten

*   Damit sie nicht verloren gehen
Von Pascal Beucker

Sonderprogramm des Landes für Schulverweigerer.

Wer hat nicht schon mal während seiner Schulzeit den Unterricht geschwänzt? Wenn allerdings das Fernbleiben zur Regel wird, können die Konsequenzen drastisch sein: Der Schulabschluss wird unerreichbar.

Die Integration ins Erwachsenenleben droht in diesem Fall zu scheitern, noch bevor sie begonnen hat. Rund fünf Prozent der Jugendlichen in der Bundesrepublik, so Expertenschätzungen, könnte dieses Schicksal bevorstehen. Denn sie sind regelrechte Schulverweigerer.

"Diese Jugendlichen drohen der Gesellschaft verloren zu gehen", warnte Hans Peter Schaefer vom Landesjugendamt auf einem zweitägigen Fachkongress unter dem Motto "...stören, schwänzen, scheitern?!" in Köln vor rund 200 Teilnehmern. Die Ursachen für Schulverweigerung sind vielfältig. Hier dürften "keine Schubladen aufgemacht werden", sagt Schaefer. Das Phänomen gebe es in allen sozialen Schichten. "Schulaversives Verhalten", so der Fachbegriff, sei auch keine Frage mangelnder Intelligenz. Im Gegenteil: Es sind "sehr oft sehr intelligente Leute, die sich intelligent der Schule entziehen."

Lehrer überfordert

Immer jedoch gelte: "Kinder und Jugendliche machen Probleme, weil sie Probleme haben." Sie könnten jedoch von der Schule alleine häufig nicht aufgefangen werden, da sie "heute in einem ganz anderen Maß gefordert ist als noch vor zwanzig oder dreißig Jahren".

So würden manche Lehrer durchaus glücklich sein, wenn ein verhaltensauffälliger Schüler nicht mehr erscheine und sie dann wenigstens die Verbliebenen ungestört unterrichten könnten. Wichtig sei daher eine engere Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat das Schulverweigerer-Problem inzwischen erkannt. Seit dem vergangenen Jahr fördert es mit einem vier Millionen Mark schweren Sonderprogramm Projekte gegen Schulmüdigkeit, davon 19 im Rheinland. Dazu gehört auch das vom Sozialwerk Aachener Christen getragene Projekt "Startbahn" in Aachen. Hier wird auf praktisches Handeln in überschaubaren Strukturen statt auf Frontalunterricht gesetzt.

Die Projekte lohnen sich, denn ihre Erfolgsquote ist hoch: Für rund 80 Prozent der Teilnehmer gibt es gute Anschlussmöglichkeiten. Für Schaefer ist daher klar: Die Projekte müssen auch nach dem Auslaufen des NRW-Sonderprogramms im Jahr 2002 weiterlaufen: "Wir brauchen solche Hilfsangebote dauerhaft, weil auch das Problem weiterbesteht."


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